Fraktionschef der Grünen im Interview Trittin: "Der Atomausstieg ist grün"

Berlin (RP). Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, äußert sich im Interview mit unserer Redaktion über die Energiewende in Deutschland.

Unterwerfen sich die Grünen dem Atomdiktat der Kanzlerin?

Trittin Nein. Frau Merkel unterwirft sich grüner Politik. Sie ist gezwungen, das umzusetzen, was wir seit 2001 fordern. Die Grünen und die Anti-AKW-Bewegung haben Frau Merkel zur Kehrtwende gezwungen. Nicht umgekehrt.

Fürchten Sie nicht, dass die Parteilinken sich der Zustimmung zu Merkels Atomausstieg verweigern?

Trittin Das sehe ich nicht. Im Ausstiegsteil entspricht Merkels Paket weitgehend unseren Forderungen. Warum sollten wir das nicht mittragen? Zu den Unterzeichnern des Leitantrags gehören die Mitglieder des Bundesvorstands und die führenden Grünen aus den Ländern. Der Antrag repräsentiert alle Teile der Partei, auch den linken.

Ist ihr Ja ein Signal für die Regierungsfähigkeit mit Blick auf 2013?

Trittin Das ist schlicht solide grüne Oppositionspolitik, wie wir sie seit Jahren betreiben. Als die Koalition die Wehrpflicht ausgesetzt hat, haben wir zugestimmt, weil es ein Schritt in die richtige Richtung war. Bei der Griechenland-Hilfe haben wir auf ergänzende Maßnahmen gedrängt, uns aber den Hilfen nicht verweigert. Für uns gilt: keine taktische Spielchen, sondern Orientierung an der Sache. Eine Haltung nach dem Motto ,Ablehnung, weil Zustimmung gesichert', wäre unverantwortlich. Der Atomausstieg wäre auch schon 2017 möglich, aber wenn die Alternative das Jahr 2040 ist, dann werden wir uns nicht für 2040 entscheiden. Darum geht es bei der Novelle des Atomgesetzes am übernächsten Donnerstag im Bundestag.

Welche Korrekturen fordern Sie noch bei den Gesetzen zur Energiewende?

Trittin Bei den Laufzeiten übernimmt Frau Merkel Rot-Grün eins zu eins. Allerdings nimmt sie andere Fehler nicht zurück, etwa die Senkung der Sicherheitsstandards, gegen die wir in Karlsruhe klagen. Bei den Gesetzen zum Einstieg in die erneuerbaren Energien versagt die Kanzlerin schmählich. Nur drei Beispiele: Die Verschlechterung der Windkraftförderung an Land machen wir nicht mit. Auch die Bevorzugung von klimaschädlichen Kohlekraftwerken ist falsch.

Mal abseits des politischen Alltagskampfes. Hat die Kanzlerin mit dem Atomausstieg die Gräben zwischen CDU und Grünen zugeschüttet?

Trittin Die Kanzlerin ist die Kanzlerin der schlechtesten Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik. Frau Merkel hat bisher alles in ihrer Regierungspolitik zurücknehmen müssen, außer die Subventionen für Hoteliers. Eine solche Regierung kann man nur ablösen. Ziel grüner Politik ist, diese schwarz-gelbe Koalition rückstandsfrei abzulösen. Das hat unser Land nicht verdient. Dafür stehen wir.

Michael Bröcker stellte die Fragen.

(csr)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort