Treffen im Kanzleramt Koalitionsausschuss im Schnelldurchlauf

Berlin · Union und SPD treffen sich im Kanzleramt zum kürzesten Koalitionsausschuss in der Geschichte der Groko. Die Sitzung soll nur anderthalb Stunden dauern. Die großen Streitfragen um Mindestlohn und Schuldenbremse wollen die Partei- und Fraktionschefs nur streifen.

 Nehmen zum ersten Mal an einem Koalitionsausschuss im Kanzleramt teil: die neuen SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken.

Nehmen zum ersten Mal an einem Koalitionsausschuss im Kanzleramt teil: die neuen SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken.

Foto: AP/Jens Meyer

Das Bild vor dem Kanzleramt wird am Donnerstagabend der bekannten Regie folgen: Die Spitzenpolitiker der großen Koalition steigen aus dunklen Limousinen, die gläserne Automatiktür vor dem Kanzleramt öffnet sich geräuschlos und lässt die Partei- und Fraktionschefs passieren. Inhaltlich aber wird diese Sitzung außergewöhnlich – außergewöhnlich unaufgeregt, betonen die Parteistrategen im Hintergrund. Man will nicht wie sonst üblich über die härtesten Streitfragen verhandeln. Vielmehr geht es darum, dass die Koalitionsparteien ihre Felder für das kommende Jahr abstecken. Das wiederum ist weniger harmlos, als es klingt.

Der Reihe nach: Die neuen SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sind ihren Unionskollegen noch weitgehend unbekannt. Deshalb soll es vor dem eigentlichen Koalitionsausschuss um 17 Uhr erst ein Kennenlerntreffen mit den Vorsitzenden von CDU und CSU geben: Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder. Um 18.30 Uhr startet dann der Koalitionsausschuss auch mit Kanzlerin und Fraktionschefs.

Beide Seiten schraubten im Vorfeld die Erwartungen herunter. „Ich gehe davon aus, dass wir uns allgemein über die Themen austauschen werden, die im nächsten Jahr für die Koalition wichtig werden, wer welche Prioritäten setzt“, sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus unserer Redaktion. Es gehe auch um das gegenseitige Kennenlernen. „Die beiden neuen SPD-Vorsitzenden hatten zu den meisten von uns noch nicht viel Kontakt“, betonte Brinkhaus und fügte hinzu: „Die persönliche Ebene ist aber wichtig, um Kompromisse zu finden – wie zum Beispiel in dieser Woche zum Klimapaket.“

Auch die neue SPD-Vorsitzende Esken rückte den Ausblick auf 2020 in den Vordergrund: „Wir werden einen Fahrplan verabreden, wie und wann wir Gespräche führen“, sagte sie am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. Konkrete Beschlüsse erwarte sie von dem Treffen am Donnerstag nicht, es gehe aber auch nicht darum, „nur Plätzchen zu essen“. Der nächste Koalitionsausschuss sei bereits für Januar anvisiert.

Genau an dieser Stelle wird der Knackpunkt liegen: Die SPD-Führung steht unter dem Druck, einige ihrer Parteitagsbeschlüsse auf die Agenda der großen Koalition zu setzen – mit Aussicht darauf, auch etwas zu erreichen. Aus der Union aber gibt es die klaren Signale, dass man gerne auch über Themen spricht, die nicht im Koalitionsvertrag verankert sind, aber politisch gelöst werden sollten. Eindeutig verhandelte Kompromisse wie das Thema Mindestlohn oder die Schuldenbremse will die Union keinesfalls noch einmal ergebnisoffen verhandeln. Der Koalitionsausschuss soll nur anderthalb Stunden dauern. Viel Zeit zum Streiten bleibt also nicht.

(qua)
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