Torsten Albig im Interview "Das Kanzleramt ist nicht das erste Ziel für die SPD"

Kiel · Schleswig-Holsteins Ministerpräsident will vor allem, dass seine Partei 2017 im Bund an der Regierung bleibt. Von Rot-Rot-Grün hält er wenig.

 Torsten Albig (SPD) ist Ministerpräsident in Schleswig-Holstein.

Torsten Albig (SPD) ist Ministerpräsident in Schleswig-Holstein.

Foto: dpa, dbo pzi vfd

Herr Albig, in der Türkei gilt der Ausnahmezustand. Muss sich die SPD von ihrem Traum verabschieden, die Türkei könne EU-Mitglied sein?

Albig Die Politik des Regimes Erdogan widerspricht zentral den Werten europäischer Demokratien. Aber Erdogan ist nicht die Türkei. Es gibt auch noch andere Stimmen in der Türkei als die des jetzigen Präsidenten. Stimmen, die für einen anderen Weg der Türkei werben.

Sie sagten 2015, Angela Merkel mache ihren Job ausgezeichnet. Gilt das noch?

Albig Ja, sie wird ihrer Verantwortung als Bundeskanzlerin in schwerer Zeit gerecht. Auch weil sie mit der SPD einen starken und verlässlichen Partner an der Seite hat, der das Land voranbringt. Sie wäre froh, wenn auch ihr zweiter Partner so zuverlässig wäre. Nur mal zur Erinnerung: Trotz aller Aufregung haben wir die Flüchtlings-Herausforderung alles in allem gut gemeistert. Ohne Aufstände. Ohne Verwerfungen. Ohne Notsituationen. Zeigen Sie mir eine andere Volkswirtschaft, die dies so geleistet hat.

Die SPD profitiert in Umfragen kaum. Ist die Regierungsbeteiligung 2017 nicht das ehrliche Wahlziel?

Albig Was sollte an diesem Ziel denn falsch sein?

Die SPD will doch den Kanzler stellen.

Albig Unser erstes Ziel muss sein, dass keine Regierung in Berlin ohne die SPD gebildet werden kann. Das wäre ein guter Erfolg.

Einige schwärmen von der Machtoption Rot-Rot-Grün.

Albig Zählen Sie mal durch. Derzeit würde es ja bei Weitem nicht für dieses Dreierbündnis reichen. Und ehrlich gesagt passt das inhaltlich auch nicht wirklich.

Also spielt die SPD auf Platz, nicht auf Sieg. Das haben Sie vor einem Jahr auch gesagt und damit mächtig Wirbel ausgelöst. Sie nehmen Ihre Aussagen nicht zurück?

Albig Eine Regierung ohne uns ist schlecht für unser Land. Das müssen wir den Menschen deutlich machen. Erstes Ziel muss deshalb eine Regierungsbeteiligung sein, nicht eine Fixierung auf das Kanzleramt. Wer jetzt lang und breit über den SPD-Kanzler philosophiert, macht sich doch unglaubwürdig. Noch mal - unser erstes Ziel muss sein: Keine Regierung ohne die SPD. Alles andere ergibt sich dann. Und im Augenblick kann man den Eindruck haben, dass die Union sich so gar nicht sicher ist, ob Frau Merkel überhaupt die gewollte Kanzlerkandidatin für 2017 ist. Es bleibt also spannend.

Wenn ein Politiker schlechte Persönlichkeitswettbewerbe hat, ist das dann ein relevantes Auswahlkriterium für einen Kanzlerkandidaten?

Albig Wenn die Person alleine wichtig wäre, schon. Aber wir gehen eben nicht in einen Beauty-Contest mit der Kanzlerin. Es werden Parteien gewählt, keine Personen. Wir werden um Inhalte werben, in der Sozial-, Renten-, Arbeitsmarkt- oder Finanzpolitik. Und Sigmar Gabriel macht einen ausgezeichneten Job. Wir haben alle unsere Wahlversprechen umgesetzt in einer für uns schwierigen Zeit. Es ist wichtiger, die SPD in die Regierungsverantwortung zu führen, als im Geiste schon das Büro der Kanzlerin für eine Neumöblierung auszumessen.

Ist für Sie die Frage der Kanzlerkandidatur entschieden?

Albig Also, ich werd's nicht (lacht).

M. BRÖCKER, J. LÜBBEN UND R. GEISENHANSLÜKE FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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