Nach dem Scheitern des Labels Tierwohl-Label: Grünen-Chef Robert Habeck wirft Agrarministerin Julia Klöckner Versagen vor

Berlin · Das lange geplante Tierwohl-Label sollte es Kunden leichter machen, Fleischprodukte aus guter Tierhaltung im Supermarkt besser zu erkennen. Doch aus dem Vorhaben wird vor der Bundestagswahl jetzt nichts mehr. Für die Grünen ist das Scheitern eine unverhoffte Wahlkampfhilfe.

Agrarministerin Julia Klöckner (CDU).

Agrarministerin Julia Klöckner (CDU).

Foto: dpa/Johanna Geron

„Julia Klöckner steht vor einem unrühmlichen Ende ihrer Amtszeit als Landwirtschaftsministerin. Das Scheitern des sogenannten Tierwohllabels ist der letzte Beweis dafür, dass es ihr nie ernst war, fürmehr Tierschutz zu sorgen“, sagte Grünen-Chef Robert Habeck unserer Redaktion. „Die Bundeslandwirtschaftsministerin schadet damit nicht nur den Tieren, sondern auch den Bäuerinnen und Bauern, die dringend Planungssicherheit brauchen. Und sie schadet den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die ein Recht auf Transparenz haben“, sagte der Co-Parteivorsitzende.

Landwirtschaftspolitik bedeute Tier-, Umwelt- und Klimaschutz in einem, so Habeck. „Weniger Tiere müssen unter zugleich besseren Bedingungen gehalten werden. Dazu braucht es eine gezielte Umbauförderung, die durch einen Tierschutz-Cent auf tierische Produkte finanziert wird, und eine verpflichtende Haltungskennzeichnung“, forderte Habeck. „Damit Bäuerinnen und Bauern gut von ihrer Arbeit leben können, wollen wir gegen Dumpingpreise, den Verkauf von Lebensmitteln unter Erzeugerpreis und die Konzentration in der Lebensmittelbranche vorgehen.“

Die Pläne hatten vorgesehen, eine Kennzeichnung für Hersteller auf freiwilliger Basis einzuführen. Das Label sollte für Kunden auf einen Blick ersichtlich machen, dass bei der Produktion höhere Standards als gesetzlich zwingend vorgeschrieben eingehalten wurden, vergleichbar mit der Bio-Kennzeichung von Lebensmitteln. Voraussetzung für das Tierwohl-Logo wären dann verbindliche Kriterien gewesen, die nicht nur die Stallhaltung der Tiere, sondern auch deren ganze Lebensspanne mit Transport und Schlachtung umfasst hätten.

Union und SPD streiten über Schuld

Klöckner wies die Verantwortung für das Scheitern des Vorhabens am Dienstagmorgen zurück. Sie habe alle Hausaufgaben gemacht und die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt, sagte die Agrarministerin im Deutschlandfunk. Klöckner gab dem Koalitionspartner SPD die Schuld am Scheitern.

Die vorliegenden Entwürfe für das Label seien „absolut ungenügend“, hatte zuvor SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch erklärt. Daher habe die SPD nicht zugestimmt. „Notwendig ist ein verpflichtendes Tierwohllabel, das auf klaren Kriterien für die Haltung, den Transport und die Schlachtung von Schweinen, Rindern und Geflügel beruht.“ Bis heute fehlten aber Kriterien, die von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen würden. Arbeiten daran in einer Kommission um Ex-Ressortchef Jochen Borchert seien nicht finalisiert. Klöckner habe „ihre Hausaufgaben nicht gemacht“ und die Kommission nicht ausreichend unterstützt.

Die Ministerin hielt der SPD Blockade vor und wies die Vorwürfe zurück. „Schade, wenn der SPD der Wahlkampf wichtiger ist als schnelle und merkbare Verbesserungen beim Tierwohl.“ Es sei bezeichnend, wenn die SPD als Grund nenne, man wolle ein verpflichtendes Kennzeichen, dann aber keinen entsprechenden Entwurf vorlege - eben weil es gegen Europarecht verstieße. So lange es keinen europäischen Rechtsrahmen gebe, könne Deutschland national kein für alle verpflichtendes Logo einführen. Für eine EU-weite Kennzeichnung setzt sich Klöckner ein.

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