Bahn-Börsengang abgesagt Tiefensee und der Rückenwind

Berlin (RPO). Totgesagte leben länger, sagt man. Das scheint auch bei Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee der Fall zu sein. Hatten viele Experten schon mit seinem Rücktritt gerechnet, so kam der Minister am Mittwoch froh gelaunt aus der Sondersitzung des Verkehrsausschusses. "Ich habe mich durchgesetzt", verkündete er. Der Börsengang der Bahn wurde abgesagt.

 Glaubt fest an die Entwicklung von Elektroautos: Verkehrsminister Tiefensee.

Glaubt fest an die Entwicklung von Elektroautos: Verkehrsminister Tiefensee.

Foto: ddp, ddp

Die umstrittenen Bonuszahlungen für den Bahnvorstand im Fall eines erfolgreichen Börsenganges werde es nicht geben. Punktum. Aber nicht etwa, weil sich Bahn-Vorstand und Aufsichtsrat nach massiven Interventionen der Bundesregierung geeinigt hätten, ihre im Juni getroffene Vereinbarung über die Zahlungen für nichtig zu erklären, sondern: "Die Zahlungen gibt es nicht, weil es keinen Börsengang gibt", wie Tiefensee feststellte.

Genau das hatten Tiefensees Ministerkollegen Michael Glos und Peer Steinbrück zwei Stunden zuvor bei der Bekanntgabe der Ergebnisse der Steuerschätzung verkündet.

Nicht die Zeit für einen weiteren Wechsel

Manche hatten schon Generalsekretär Hubertus Heil als Nachfolger im Verkehrsressort ins Gespräch gebracht. Aber es war offenbar nicht die Zeit für einen weiteren Ministerwechsel in Berlin nach dem Abgang von Horst Seehofer und zehn Monate vor der Bundestagswahl.

Schon gar nicht bei der SPD, die angesichts der Lage in Hessen weitere Kriegsschauplätze nicht gebrauchen kann. Dabei lag ein gewisses innerparteiliches Streitpotenzial in dem Umstand, dass Tiefensee (SPD) wegen mangelnder Information über das Bonusproblem ausgerechnet Staatssekretär Matthias von Randow (ebenfalls SPD) gefeuert hatte, der als Vertrauter des Parteichefs Franz Müntefering gilt.

Müntefering hatte am Montag bereits die Marschroute vorgegeben. Die SPD werde mit den aktuellen Kabinettsmitgliedern in den Bundestagswahlkampf ziehen. So konnte Tiefensee ziemlich sicher sein, dass die SPD ihm im Ausschuss keine allzu kritischen Fragen stellen und den Regierungspartner Union dezent auf die Koalitionsdisziplin hinweisen würde. Vor der Sitzung verwies die amtierende Vorsitzende Renate Blank (CSU) darauf, dass es nicht Aufgabe des Ausschusses sei, Rücktritte zu fordern oder zu organisieren, sondern Aufgabe der jeweiligen Parteichefs im Benehmen mit der Regierungschefin.

"Ja, sind Sie etwa für Bonuszahlungen?"

Im Ausschuss selbst war es denn nach Angaben von Teilnehmern nicht Tiefensee, sondern der SPD-Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer, der von der eigentlichen Frage, wann der Minister was wusste, mit der Gegenfrage an die Opposition ablenkte: "Ja, sind Sie etwa für Bonuszahlungen?" Dagegen ließ sich schlecht etwas sagen in diesen manager-kritischen Zeiten.

Und nachdem dann die vorläufige Absage des Börsengangs amtlich war, war die Blase endgültig geplatzt. Es hätte nur mehr Stoff für eine Polit-Komödie abgegeben, wenn ein Minister über Sondertantiemen gestolpert wäre, die eh nicht gezahlt würden.

Und dann noch nicht einmal über die Tantiemen selbst - dafür war ja schon von Randow über die Klinge gesprungen -, sondern nur über die Frage, ob er sich bei der Information über die virtuellen Zahlungen einmal im Monat geirrt hätte. So was kommt eben vor. Auch am Mittwoch versprach sich Tiefensee vor lauter Rückenwind noch einmal: "Mitte März" habe er davon erfahren. Unter dem Gelächter der Zuhörer korrigierte er sich aber schnell: "Mitte September" natürlich.

(ap)
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