Festnahmen in Bayern: Spione sollen für Russland US-Einrichtungen ausgespäht haben
EILMELDUNG
Festnahmen in Bayern: Spione sollen für Russland US-Einrichtungen ausgespäht haben

Regierungskrise in Thüringen Kemmerich tritt sofort zurück - Große Koalition fordert baldige Neuwahl

Erfurt/Berlin · Thüringens Ministerpräsident Thomas Kemmerich tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Parallel sprach sich die große Koalition in Berlin für eine baldige Neuwahl in Thüringen aus.

 FDP-Mann Thomas Kemmerich am Freitag in Erfurt.

FDP-Mann Thomas Kemmerich am Freitag in Erfurt.

Foto: dpa/Martin Schutt

Kemmerich (FDP) sagte in Erfurt: „Hiermit erkläre ich meinen Rücktritt als Ministerpräsident des Freistaates Thüringen mit sofortiger Wirkung.“ Sämtliche aus dem Amt des Ministerpräsidenten und des geschäftsführenden Ministerpräsidenten entstehenden Bezüge werde er an die Staatskasse zurückgeben.

Der 54-Jährige zieht damit die Konsequenzen aus der politischen Krise nach seiner Wahl mit den Stimmen der AfD. Er war zur Wochenmitte zum Nachfolger des Linken-Politikers Bodo Ramelow im Amt des thüringischen Ministerpräsidenten gewählt worden. Im dritten Wahlgang hatte er mit Unterstützung von CDU und AfD 45 Stimmen erhalten, eine Stimme mehr als Ramelow. Das hatte ein politisches Beben in ganz Deutschland ausgelöst. Einen Tag später hatte Kemmerich seinen Rücktritt angekündigt – diesen aber bislang nicht vollzogen.

Der Thüringer Grünen-Fraktionschef Dirk Adams begrüßte die sofortige Rücktrittserklärung Kemmerichs. „Das ist überfällig. Zum Glück ist das jetzt das Ende der Trickserei“, sagte Adams am Samstag in Erfurt. Der Druck der Straße habe bewirkt, dass Kemmerich tatsächlich zurücktritt, „was konsequent, aber überfällig ist.“

Nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses betonten CDU, CSU und SPD am Samstag in Berlin, dass umgehend ein neuer Ministerpräsident im Landtag gewählt werden müsse. Unabhängig davon sei man für baldige Neuwahlen in dem ostdeutschen Bundesland, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung – diese wurde parallel zum Rücktritt Kemmerichs bekannt.

Die große Koalition bezeichnet darin die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerichs mit den Stimmen der AfD als „unverzeihlichen Vorgang“. Deshalb solle dieser „die einzig richtige Konsequenz“ ziehen und zurücktreten. Diesen kündigte die FDP Thüringen am Samstag an.

„Aus Gründen der Legitimation der Politik sind die Koalitionspartner davon überzeugt, dass unabhängig von der Wahl eines neuen Ministerpräsidenten baldige Neuwahlen in Thüringen erforderlich sind“, beschlossen die Parteichefs von CDU, CSU und SPD bei ihrem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel. Regierungsbildungen und politische Mehrheiten mit Stimmen der AfD schließen die CDU, CSU und SPD kategorisch aus. „Das ist und bleibt die Beschlusslage der die Koalition tragenden Parteien für alle Ebenen“, heißt es in dem Beschluss des Koalitionsausschusses.

Ein zurückgetretener Ministerpräsident kann in Thüringen nach Einschätzung des Jenaer Verfassungsrechtlers Michael Brenner keine Vertrauensfrage mehr stellen. „Unbenommen ist dem Landtag aber die Möglichkeit, ganz regulär einen neuen Ministerpräsidenten zu wählen“, sagte Brenner am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

Für die Auflösung des Parlaments braucht es nach der Landesverfassung eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag. Ein anderer Weg zu Neuwahlen zu kommen, führt über eine Vertrauensfrage, die der Ministerpräsident dem Parlament selbst stellen muss. Wird nach einem erfolglosen Vertrauensvotum nicht binnen drei Wochen ein neuer Regierungschef gewählt, ist der Weg für Neuwahlen frei.

Kemmerich bleibt nach der Verfassung auch nach seinem Rückzug noch im Amt bis ein neuer Ministerpräsident gewählt ist – allerdings nur geschäftsführend.

Der SPD-Vorstand will am Sonntag bei einer Klausurtagung die Ergebnisse des Koalitionsausschusses zur Thüringen-Krise bewerten. Zugleich trifft sich am Nachmittag in Berlin die FDP-Bundestagsfraktion. Es wird erwartet, dass sich Fraktionschef Christian Lindner öffentlich äußert, womöglich auch zur Rolle der FDP bei der Regierungskrise in Thüringen.

(hebu/dpa/AFP/Reuters/epd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort