Die Linke in Thüringen tut sich schwer Rot-Rot-Grün entscheidet sich am "Unrechtsstaat"

SPD, Grüne und Linke verhandeln über ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis in Thüringen. Die Grünen beharren darauf, die DDR in einem gemeinsamen Papier als "Unrechtsstaat" zu bezeichnen. Für viele Mitglieder der Linken ist das zuviel verlangt.

 Die Verhandlungsgruppe der Linken mit Bodo Ramelow, Susanne Hennig-Wellsow, Birgit Keller (verdeckt) und Steffen Dittes vor einem Treffen in Erfurt.

Die Verhandlungsgruppe der Linken mit Bodo Ramelow, Susanne Hennig-Wellsow, Birgit Keller (verdeckt) und Steffen Dittes vor einem Treffen in Erfurt.

Foto: dpa, msc jhe

Der Umgang mit der DDR-Vergangenheit wird zur entscheidenden Hürde für eine mögliche rot-rot-grüne Koalition unter Führung der Linken in Thüringen. Auf einer Basiskonferenz stritt die Partei um Linken-Spitzenmann Bodo Ramelow am Samstag in Sömmerda über den Begriff "Unrechtsstaat" in einem gemeinsamen rot-rot-grünen Papier.

Einige Teilnehmer äußerten deutlichen Unmut. Zuvor hatten Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow und Ramelow für mehr Kompromissbereitschaft geworben. Der Regierungswechsel sei möglich. Die Grünen wollen in Bezug auf die DDR-Vergangenheit aber keine Zugeständnisse machen.

Ihre Landtagsfraktionschefin Anja Siegesmund besteht auf einer eindeutigen Formulierung zum DDR-Unrecht. "Ein Zurückgehen würde die Sondierungsgespräche nicht nur erschweren, sondern wäre für uns ein Grund, sie zu beenden", sagte Siegesmund dem Berliner "Tagesspiegel" (Montag). Die Einordnung der DDR als Unrechtsstaat müsse sich auch im Koalitionsvertrag wiederfinden. Zugleich betonte sie das Interesse ihrer Partei an einem Erfolg der rot-rot-grünen Gespräche.

Bei der Konferenz der Linken nannte ein Parteimitglied in der teils hitzigen Diskussion das rot-rot-grüne DDR-Papier als "Knackpunkt" für eine Koalition. Darüber sei weiter zu diskutieren. Andere warnten davor, dass die Linke damit ihre Identität verleugne, was Parteiaustritte nach sich ziehen könne. "In der DDR gab es kein gesetzliches Unrecht", fügte eine Rednerin hinzu. Ramelow zeigte sich insgesamt zufrieden mit dem "offensiven" Verlauf der Diskussion. Er gehe nun gestärkt in die nächsten Sondierungsgespräche.

Landeschefin Hennig-Wellsow hatte zuvor für Kompromissbereitschaft geworben. Die Sondierungsgespräche mit SPD und Grünen seien bislang gut verlaufen, man sei sich etwa in der Sozial- und Bildungspolitik weitgehend einig. "Der Politikwechsel hat schon begonnen. Es ist unsere Pflicht, ihn umzusetzen."

Ramelow bezeichnete das am Freitag veröffentlichte Papier zur DDR-Geschichte als "Protokollnotiz". "Ich habe mich immer geweigert, das Wort Unrechtsstaat als Qualifizierung anzuwenden", sagte er. Es habe aber Unrecht und Willkür gegeben. Siegesmund kritisierte das Wort "Protokollnotiz". Es "verbietet sich in diesem Zusammenhang".

Nach der vorherigen Wahl 2009 war das Thema DDR-Unrecht noch einer der Punkte gewesen, die zu einem Scheitern von Rot-Rot-Grün geführt hatten. Nach der Abstimmung von Mitte September ist ein von den Linken geführtes Bündnis mit SPD und Grünen möglich oder die Fortsetzung der Koalition von CDU und SPD. Beide Konstellationen hätten nur eine Stimme Mehrheit. Ramelow schloss in der "Welt am Sonntag" nicht aus, dass er gegebenenfalls erst im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt werden könnte.

(dpa)
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