Innenminister de Maizière "Alkohol-Verbot bei Fußballspielen"

Berlin/Paris · Bundesinnenminister Thomas de Maizière regt schärfere Ausschank-Regelungen an und fordert mehr Video-Überwachung. Das BKA will zur Fahndung nach Hooligans auch private Filmaufnahmen nutzen.

 Thomas de Maizière im Interview mit der Leiterin der Parlamentsredaktion Eva Quadbeck und Chefredakteur Michael Bröcker.

Thomas de Maizière im Interview mit der Leiterin der Parlamentsredaktion Eva Quadbeck und Chefredakteur Michael Bröcker.

Foto: Marco Urban

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) rechnet nicht damit, dass die als Risikospiel eingestufte Begegnung zwischen Deutschland und Polen am Donnerstag bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich erneut zu Krawallen führt. "Ich bin zuversichtlich, dass wir nicht noch einmal Szenen sehen wie bei dem Spiel zwischen England und Russland", sagte de Maizière unserer Redaktion. Deutsche und französische Behörden täten gemeinsam, was sie könnten, um Ausschreitungen zu verhindern.

Der Innenminister war am Mittwoch in Paris und nahm an einer Sitzung des französischen Kabinetts teil, bei der die Terror-Bedrohung in Europa und auch die Sicherheitslage während der EM zur Sprache kamen. Mit Blick auf den Anschlag vom Montag, bei dem nahe Paris ein französischer Polizist und seine Lebensgefährtin von einem IS-Terroristen ermordet worden waren, forderte er mehr Wachsamkeit.

"Wir brauchen in der Bevölkerung eine erhöhte Achtsamkeit, wenn sich Familienangehörige, Nachbarn oder Freunde radikalisieren", sagte de Maizière. Im Anschluss traf er deutsche Polizeibeamte, die im Kampf gegen Hooligans während der Fußball-EM ihre französischen Kollegen vor Ort unterstützen. Insgesamt helfen 180 Polizisten aus den EM-Teilnehmerländern den französischen Gastgebern.

Im Vorfeld der EM hatten deutsche Behörden auf Bitten der Franzosen 2500 Namen potenzieller Hooligans an ihre französischen Kollegen übermittelt. "Wir unterstützten die Franzosen bei den Grenzkontrollen und haben bislang 21 Hooligans an der Ausreise gehindert", sagte de Maizière. Im Vorfeld der EM habe es mehr als 600 sogenannte Gefährderansprachen gegeben, mit denen die Polizei mögliche Hooligans warne, dass sie unter Beobachtung stünden. Trotzdem ist es auch deutschen Hooligans gelungen, in die französischen Stadien zu gelangen. An den Grenzen könnten Einzelne immer durchkommen, sagte de Maizière.

Vor dem Hintergrund der Ausschreitungen in Marseille regte der Minister an, bei großen Turnieren über ein verschärftes Alkoholverbot nachzudenken: "Alkohol ist bei öffentlichen Großveranstaltungen wie Fußballspielen eine Seuche. Alkohol enthemmt, und deswegen ist es richtig, dass mein französischer Kollege ein Alkoholverbot für die Stadien ausgesprochen hat."

Zum EM-Spiel Deutschland gegen Polen haben die französischen Behörden zudem den Verkauf von Alkohol auch rund um das Stade de France stark eingeschränkt. Dort ist der Verkauf von Alkohol von 14 Uhr an verboten. Wie die Präfekturgestern ankündigte, dürfen Fans auch keinen Alkohol mitbringen und auf der Straße trinken.

Das Bundeskriminalamt (BKA) rief unterdessen Zuschauer des Deutschland-Ukraine-Spiels auf, mögliche Filmaufnahmen von Angriffen deutscher Hooligans an die Behörde zu senden. Das BKA koordiniere die Fahndung nach deutschen Tatverdächtigen, die bei Sportgroßveranstaltungen im Ausland an gewalttätigen Ausschreitungen beteiligt seien, hieß es.

Mit Blick auf die Ermittlungen gegen Hooligans in Frankreich betonte de Maizière den Wert von Videoaufzeichnungen für die Justiz. "Zumindest für die Strafverfolgung ist es gut, solche Bilder überhaupt zu haben. Ohne Bodycams oder stationäre Kameras der Behörden wäre so etwas nicht möglich." Die auf Schulterhöhe an den Uniformen von Polizeibeamten befestigten "Bodycams" will der CDU-Politiker auch aus diesem Grund möglichst bald flächendeckend einsetzen.

(brö/qua)
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