SPD-Kommission einig Thilo Sarrazin darf in der SPD bleiben

Berlin (RPO). Der ehemalige Berliner Finanzsenator und Bundesbanker Thilo Sarrazin bleibt SPD-Mitglied. Darauf einigte sich die Schiedskommission des SPD-Kreisverbandes Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf. Im Gegenzug sicherte Sarrazin zu, sich künftig an die Grundsätze der Partei zu halten. Doch es gibt erste Kritik an der Entscheidung.

Thilo Sarrazin liebt klare Worte
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Foto: AP

Einen Antrag auf das Parteiordnungsverfahren hatten neben dem Kreisverband auch die Landes- und die Bundespartei gestellt. Die SPD wirft Sarrazin wegen provokanter Thesen zur Integration parteischädigendes Verhalten vor.

Hintergrund ist sein Buch "Deutschland schafft sich ab". In seinem 2010 erschienenen Buch hatte der frühere Berliner Finanzsenator und damalige Bundesbank-Vorstand mit Äußerungen über eine angeblich erbliche Dummheit muslimischer Einwanderer Empörung hervorgerufen. Das SPD-Präsidium hatte sich daraufhin einstimmig für den Parteiausschluss des prominenten Genossen ausgesprochen. Sarrazin gehört der seit 1973 der SPD an.

Stegner wirft Sarrazin Rechtspopulismus vor

Nach dem Ende der Anhörung wollten sich weder Sarrazin noch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles als Vertreterin der Parteispitze, die den Ausschluss beantragt hatte, äußern.

SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner reagierte enttäuscht auf die Entscheidung. Die gütliche Einigung sei zu akzeptieren. "Inakzeptabel bleibt der intolerante Stuss, mit dem Thilo Sarrazin neuerdings reichlich Geld verdient", sagte Stegner "Spiegel Online". Auch Grüne und Jusos äußerten sich.

Überraschend kam am Donnerstagabend die Einigung, Sarrazin in der SPD zu belassen. Uken zufolge zogen die Antragsteller ihre Anträge auf Basis einer Erklärung Sarrazins zurück. In dem drei Punkte umfassenden Papier betont der frühere Politiker, er habe "zu keiner Zeit die Absicht gehabt, mit meinen Thesen sozialdemokratische Grundsätze zu verletzen". Er habe in seinem Buch nicht die Auffassung vertreten, dass sozialdarwinistische Theorien in die politische Praxis umgesetzt werden sollen. Alle Menschen seien gleich viel wert.

Er habe auch keine "selektive Bevölkerungspolitik" verlangt, betonte Sarrazin in dem Schreiben. Auf keinen Fall habe er die Vorstellungen vertreten, lediglich Frauen mit akademischen Berufen und einer bestimmten Nationalität oder Religion eine Prämie für die Geburt von Kindern zu gewähren.

Des Weiteren schreibt Sarrazin in der Erklärung wörtlich: "Mir lag es fern, in meinem Buch Gruppen, insbesondere Migranten, zu diskriminieren." Er werde künftig bei öffentlichen Veranstaltungen darauf achten, durch Diskussionsbeiträge nicht sein Bekenntnis zu den sozialdemokratischen Grundsätzen in Frage zu stellen oder in Frage stellen zu lassen. Mit der Erklärung ging Sarrazin detailliert auf die einzelnen Vorwürfe der Antragsteller ein.

Uken betonte, die Schiedskommission habe mit allen Beteiligten eine sehr konstruktive, respektvolle, ernsthafte und intensive Diskussion geführt. Die Sitzung der Schiedskommission dauerte fünf Stunden. Sarrazin wollte sich im Anschluss nicht selbst äußern.

Nach dem Organisationsstatut der SPD kann aus der Partei ausgeschlossen werden, wer "gegen die Grundsätze der SPD verstößt, insbesondere, wer das Gebot der innerparteilichen Solidarität außer Acht lässt oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig macht". Weiter heißt es, ein Mitglied könne nur dann aus der Partei ausgeschlossen werden, wenn es "vorsätzlich gegen die Statuten oder erheblich gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen hat und dadurch schwerer Schaden für die Partei entstanden ist".

(apd/RTR/ top)
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