Union lehnt Expertenvorschlag ab „Tempolimits auf Autobahnen nicht zielführend“

Berlin/Düsseldorf · Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hat erste Vorschläge erarbeitet, wie der Autoverkehr bis 2030 mehr zum Klimaschutz beitragen kann. Eine Idee: ein generelles Tempolimit auf Autobahnen. Doch von der größten Fraktion im Bundestag gibt es Gegenwind.

 Ein Straßenwärter hält ein Schild, das ein Tempolimit von 130 km/h ankündigt (Archiv).

Ein Straßenwärter hält ein Schild, das ein Tempolimit von 130 km/h ankündigt (Archiv).

Foto: Patrick Seeger/dpa/Patrick Seeger

Autofahrer sollen nach dem Willen einer Expertenkommission der Bundesregierung in den kommenden Jahren erheblich mehr zum Klimaschutz beitragen. Um den CO2-Ausstoß des Autoverkehrs bis 2030 um die Hälfte zu senken, empfehlen sie im Entwurf eines Beschlusspapiers ein generelles Tempolimit auf Autobahnen von 130 Stundenkilometern, höhere Sprit-Steuern durch die Abschaffung des Dieselprivilegs und eine Quote für Elektroautos und Plug-In-Hybride. Allerdings handele es sich dabei um eine nicht abgestimmte Version, hieß es aus der Kommission „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“, die vor vier Monaten eingesetzt worden war. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) lehnte die Vorschläge ab.

Der Verkehrssektor hat seine CO2-Emissionen gegenüber 1990 bisher nicht gesenkt und steht deshalb beim Klimaschutz unter besonderem Handlungsdruck. Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, den Treibhausgas-Ausstoß Deutschlands bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, soll im Laufe des Jahres ein neues Klimaschutzgesetz verabschiedet werden. Darin soll auch der Beitrag des Verkehrssektors enthalten sein, der seine Emissionen um 40 Prozent zurückfahren soll. Vorschläge dafür soll die Expertenkommission, in der Vertreter der Industrie, der Kommunen und der Umweltverbände sitzen, bis Ende März erarbeiten.

Die Steuern auf Diesel und Benzin sollen einander 2021 angeglichen werden, heißt es in dem Vorschlagspapier, das unserer Redaktion vorliegt. Ab 2023 soll die einheitlche Spritsteuer zunächst um drei Cent und danach um jährlich einen Cent angehoben werden. Der Liter Treibstoff würde dann bis 2030 um 52 Cent teurer. Bei Lkw soll die Maut stärker am CO2-Ausstoß orientiert werden. Im Gegenzug soll sauberen Lkw bis zu drei Viertel der Gebühr erlassen werden. Erwogen wird auch, beim Kauf von Autos mit besonders hohem Spritverbrauch eine zusätzliche Abgabe zu erheben. Tempolimit, höhere Sprit-Steuern und Pflicht-Quote für E-Autos könnten den Treibhausgas-Ausstoß im Verkehr bis 2030 um 28,1 Millionen Tonnen reduzieren, heißt es in dem Papier. Insgesamt kam der Sektor auf 170,6 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2017.

„Jetzt wurden erste Gedankenspiele der Arbeitsgruppe eins bekannt – darunter Debatten-Beiträge, die weder sozial noch wirtschaftlich zu verantworten sind“, ließ Verkehrsminister Scheuer erklären. „Den Vorschlag eines Tempolimits auf Autobahnen halte ich nicht für zielführend“, sagte auch Unionsfraktionsvize Ulrich Lange. „Wichtiger ist es, für flüssigen Verkehr auf Autobahnen und in der Stadt zu sorgen, zum Beispiel durch intelligente Verkehrslenkung und koordinierte Ampelsteuerungen“, sagte der verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion. „Zunächst sollte man die Kirche mal im Dorf lassen. Die jetzt bekanntgewordenen Vorschläge sind schließlich nicht abgestimmt, sondern lediglich Diskussionsbeiträge“, sagte der CSU-Politiker.

„Ein Tempolimit oder die Anhebung der Spritpreise würde die Union niemals mitmachen. Das wird es nicht geben. Wir dürfen das Auto als Verkehrsträger nicht alle vier Wochen schlecht machen“, fügte der Düsseldorfer CDU-Politiker Thomas Jarzombek hinzu. Nirgends gebe es im Autoverkehr so wenig Unfälle wie auf den Autobahnen. „Wenn wir wollen, dass mehr Leute auf das Autofahren verzichten, muss die Qualität des Nahverkehrs besser werden. Wir brauchen doppelt so viele Fahrzeuge im Nahverkehr“, sagte Jarzombek. Die SPD wollte sich zu den Vorschlägen nicht äußern.

Die Grünen und Umweltexperten dagegen applaudierten. „Wer ernsthaft Klimaschutz im Verkehrssektor will, wird um die Abschaffung der Diesel- und Dienstwagensubventionierung nicht herumkommen“, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. „Wir brauchen eine am CO2-Ausstoss orientiere Besteuerung, auch weil die Bundesregierung ambitionierte CO2-Grenzwerte verhindert hat. Dass die Verkehrskommission die Debatte darüber jetzt anstößt, ist richtig und gut.“

Fahrverbote für Dieselfahrzeuge wird es unterdessen in Düsseldorf vorerst nicht geben. Die Bezirksregierung hat am Freitag den entsprechenden überarbeiteten Luftreinhalteplan für die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt offengelegt. Er tritt am 1. Februar in Kraft. Neben verkehrsbezogenen Maßnahmen an einzelnen Belastungspunkten sieht er unter anderem vor, die städtischen Fahrzeugflotte zu modernisieren und die Busflotte der Rheinbahn komplett auf regenerative Antriebe umzurüsten. Darüber hinaus wird die Stadt Düsseldorf etwa bis Ostern Umweltspuren auf der Merowingerstraße und Prinz-Georg-Straße stadteinwärts und möglicherweise auch stadtauswärts einrichten. Diese sollen von ÖPNV-Bussen, E-Fahrzeugen und Radfahrern genutzt werden. Die Maßnahme soll als Signal und Anreiz wirken, auf andere Transportmittel umzusteigen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort