Taliban-Erfolge in Afghanistan CDU-Außenexperte Röttgen warnt vor Millionen Flüchtlingen
Berlin · In schneller Folge erobern die Taliban wichtige Städte Afghanistans. Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen warnt vor Millionen Flüchtlingen, wenn die Entwicklung nicht gestoppt werde. Der Chef der Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sieht den UN-Sicherheitsrat gefordert.
Mit den täglichen Geländegewinnen der Taliban gewinnt auch die Debatte in Deutschland über die angemessenen Reaktionen des Westens auf die Entwicklung in Afghanistan an Dynamik. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, der CDU-Politiker Norbert Röttgen sagte voraus: „ Das Nichtstun wird Folgen haben. Es wird einen dauerhaften Bürgerkrieg geben, und die Menschen werden fliehen, und zwar nicht nur zu Hunderttausenden, sondern zu Millionen.“
Dagegen warnte der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, vor einem neuerlichen Eingreifen des Westens. „Wir dürfen nicht den Fehler machen, die Zukunft Afghanistans als Mission des Westens zu interpretieren“, sagte Ischinger unserer Redaktion. Es sei zwar nach den Anschlägen vom 11. September die Aufgabe gewesen, Al-Qaida das Handwerk zu legen. „Aber ob sich künftig dort wieder die Schreckensherrschaft der Taliban etabliert, muss für die Nachbarn und regionalen Mächte als Gefährdung der Stabilität mindestens genauso große Besorgnisse erregen, wie für die transatlantischen Partner“, erklärte Ischinger. Er verwies dabei insbesondere auf China, Indien, Pakistan, Russland und den Iran. Deshalb sei hier in erster Linie der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gefragt. Es gehe um zentrale Fragen regionaler Stabilität in Asien, und sowohl China wie Russland seien ständige Mitglieder des Sicherheitsrates.
Nach der wichtigen Stadt Kundus nahmen die Taliban am Dienstag auch die Provinzhauptstadt Farah ein. Damit haben sie binnen fünf Tagen sieben Provinzzentralen erobert. Sie nähern sich inzwischen auch Masar-i-Scharif, wo die Deutschen ihr Hauptquartier hatten. Zahlreiche Bewohner versuchen, sich über den noch intakten Flughafen in Sicherheit zu bringen. Es gab bislang keine Anzeichen, wann die Bundesregierung die von der Verteidigungsministerin und der Bundeskanzlerin gegebenen Versprechen einlöst, ehemalige Ortskräfte vor den Taliban in Sicherheit zu bringen und aus Masar-i-Scharif auszufliegen.