Gespräche in der Schlussphase Tag der "dicken Brocken" bei den Sondierungen

Berlin · Die Sondierungsgespräche über eine mögliche Neuauflage der großen Koalition gehen in die Endrunde. CDU, CSU und SPD stellen sich auf harte Verhandlungen ein, viele Punkte sind noch ungelöst. Einer ist der SPD ganz besonders wichtig.

 Angela Merkel bei ihrer Ankunft zu den Gesprächen in der SPD-Zentrale.

Angela Merkel bei ihrer Ankunft zu den Gesprächen in der SPD-Zentrale.

Foto: afp

Die Sondierungsgespräche über eine mögliche Neuauflage der großen Koalition gehen in die Endrunde.
CDU, CSU und SPD stellen sich auf harte Verhandlungen ein, viele Punkte sind noch ungelöst. Einer ist der SPD ganz besonders wichtig.

SPD-Chef Martin Schulz hat zum Auftakt der entscheidenden Sondierungsrunde mit der Union die Europapolitik in den Mittelpunkt gerückt. "Wenn wir in eine solche Regierung eintreten, dann unter der Bedingung, dass sie Europa stark macht", sagte er am Donnerstag vor der SPD-Zentrale in Berlin.

Zwar zeigte Schulz sich zuversichtlich, dass die Gespräche bis zum Abend abgeschlossen werden könnten. Wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach der SPD-Chef aber von "dicken Brocken", die noch aus dem Weg geräumt werden müssten. "Insofern wird es ein harter Tag werden", sagte Merkel.

Bis zuletzt waren zentrale Steuer- und Finanzfragen sowie wesentliche Entscheidungen in den Bereichen Migration, Arbeitsmarkt, Gesundheit, Pflege, Renten und Europa offen. Spätestens am Freitagmorgen sollte ein Ergebnis auf dem Tisch liegen. SPD-Vize Ralf Stegner twitterte am Morgen: "Fortschritt ist eine Schnecke."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hob die Verantwortung der Parteien für Europa und die internationale Politik hervor. Beim Neujahrsempfang für das Diplomatische Korps sagte er, die Politiker wüssten, dass ihre Verantwortung nicht nur gegenüber den Mitgliedern der eigenen Partei und der eigenen politischen Zukunft gelte. "Sondern sie ist immer auch eine Verantwortung für Europa und für Verlässlichkeit, Partnerschaft und Engagement in der internationalen Politik."

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte auf die Frage, ob die SPD an einer Bürgerversicherung im Gesundheitssystem festhalte: "Wir kämpfen bis zum Schluss, das ist ja ganz klar." Die Union lehnt eine Bürgerversicherung ab. "Es wird hart verhandelt, es wird sehr lange dauern, das ist jetzt schon absehbar", sagte Lauterbach weiter "Die Verhandlungen sind schwierig, um es mal so zusammenzufassen", sagte er. "In allen Bereichen ehrlich gesagt."

Die Verhandlungen dürften sich zwischen Sitzungen von zentralen Arbeitsgruppen, Sechser-Runden der Partei- und Fraktionschefs, getrennten Beratungen der einzelnen Seiten und der großen Gruppe der Unterhändler bewegen. Am Ende wollen Merkel, Schulz und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer ihren Gremien ein Ergebnispapier vorlegen.

Entscheidend wird auch sein, ob die Sozialdemokraten etwa bei den aus ihrer Sicht zentralen Gerechtigkeitsthemen ausreichende Verhandlungserfolge erzielen. Die SPD-Spitze braucht für den Eintritt in offizielle Koalitionsverhandlungen die Zustimmung eines Parteitags, der am 21. Januar in Bonn stattfinden soll und als große Hürde gilt.

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, Mitglied des CDU-Sondierungsteams, wurde bei der Fahrt nach Berlin bei einem Autounfall verletzt und bleibt voraussichtlich noch bis zum Freitag im Krankenhaus. "Bleiben eine Nacht zur Beobachtung", twitterte die CDU-Politikerin am Donnerstag. Ihr Wagen war am frühen Morgen in Brandenburg auf einen Lastwagen aufgefahren. Neben ihr erlitten auch der Fahrer und zwei Personenschützer Verletzungen.

Aktivisten der Organisation Avaaz protestierten vor der SPD-Zentrale mit einem Konterfei des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und einem Banner mit der Aufschrift: "Make Europe great again". Für mehr Klimaschutz demonstrierten noch vor Tagesanbruch Greenpeace-Aktivisten.

Sie projizierten eine fünf mal fünf Meter große ToDo-Liste auf die Fassade des Willy-Brandt-Hauses und forderten drei konkrete Maßnahmen, mit denen die nächsten Bundesregierung das Klimaziel für das Jahr 2020 noch erreichen könne: "Stromüberschüsse drosseln, mehr erneuerbare Energien, Kohlekraftwerke abschalten".

(csr)
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