Länderfinanzausgleich Südländer verzichten auf Klage - vorerst

Berlin (RPO). Bayern, Baden-Württemberg und Hessen wollen nicht länger Zahlmeister der Republik sein. Seit Jahren ärgern sich die finanzstarken Länder darüber, ihr Geld mit anderen teilen zu müssen. Damit setze man ärmeren Ländern die falschen Anreize, so ein Argument. Auf eine angedrohte Verfassungsklage will man jedoch vorerst verzichten.

Die Schulden der Bundesländer im Vergleich
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Foto: AP

Die drei Länder setzen zuvor auf eine Verhandlungslösung. Die Landesregierungen der drei Länder entschieden zwar in einer gemeinsamen Kabinettssitzung am Montag in Stuttgart, eine Klageschrift in Auftrag zu geben.

Zugleich wollen sie aber ihr Gesprächsangebot an die Nehmerländer aufrechterhalten. Sollten die Gespräche nicht zu einem Erfolg führen, werde die Klage eingereicht, hieß es.

Finanzbedarf und Finanzkraft

Der Stärkere unterstützt den Schwächeren — nach diesem Grundprinzip funktioniert der Länderfinanzausgleich. Festgeschrieben ist diese Verpflichtung im Grundgesetz, denn es sollen in Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse herrschen.

Daher wird errechnet, über welchen Finanzbedarf und welche Finanzkraft die jeweiligen Bundesländer verfügen. Grundlage dafür sind die Steuereinnahmen der jeweiligen Bundesländer. Da unterstellt wird, dass jeder Bürger prinzipiell den gleichen Finanzbedarf hat, müssen also die finanzstärkeren Länder an die schwächeren einen Ausgleich zahlen.

Nur noch vier Geberländer

Auf den ersten Blick wirkt es nur gerecht, wenn die starken Länder diejenigen unterstützen, die etwas klamm bei Kasse sind. Doch das Problem ist, dass es kaum noch zahlungskräftige Bundesländer gibt. Im vergangenen Jahr waren es nur noch vier: neben den drei nun möglicherweise klagenden Ländern noch Hamburg.

Hamburg sieht in einer möglichen Klage gegen den Länderfinanzausgleich für sich keinen gangbaren Weg. Die Hansestadt verspreche sich keine Vorteile von einer solchen Klage, sagte der Sprecher der Hamburger Finanzbehörde, Daniel Stricker. Man befürchte vielmehr, dass im Zuge einer Klage die für Stadtstaaten vorteilhafte Einwohnerwertung gekippt werden könnte.

Den Einwohnern in den Stadtstaaten wird unterstellt, sie hätten einen höheren Finanzbedarf. Und auch dünn besiedelten Ländern wie etwa Mecklenburg-Vorpommern wird dies unterstellt — und so wird für diese Länder die Einwohnerzahl fiktiv erhöht. Und so ist es vor allem die deutsche Hauptstadt, die immer wieder von den finanzstarken Ländern profitiert.

Konkret erhielt Berlin im vergangenen Jahr knapp 2,9 Milliarden Euro aus dem Finanzausgleich. Bayern zahlte 3,5 Milliarden Euro, Baden-Württemberg und Hessen je 1,7 Milliarden Euro, Hamburg rund 60 Millionen Euro. Kein Pappenstil also gerade in Zeiten, in denen zahlreiche Kommunen über klaffende Löcher in ihren Haushalten klagen.

Letzte Klage im Jahr 1999

Bereits im Jahr 1999 waren die drei vor das Bundesverfassungsgericht gegangen, um gegen den Länderfinanzausgleich vorzugehen. Und sie bekamen recht, das System musste geändert werden, es sollte mehr Leistungsanreize für die schwachen Länder geben. Doch in der Praxis wurden es nun von Jahr zu Jahr mehr Länder, die nahmen und nicht gaben.

Die drei Südländer beklagen daher auch, dass das System falsche Anreize setze. Die Nehmerländer hätten keinen Anreiz, sich aus eigener Kraft "auf neue Wege zu begeben", wie Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll im Deutschlandradio Kultur sagte.

Und Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon erklärte im ZDF, das Ausgleichssystem müsse so geändert werden, dass jedes Land Interesse an einer guten wirtschaftlichen Entwicklung habe. Denn welches Land will schon seine Steuern erhöhen, wenn es weiß, dass es dann einen Teil der Einnahmen wieder an die Länder abgeben muss, die nichts erhöhen?

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