Das Selbstbild der Union Sucht die Union Antwort auf die falsche Frage?

Berlin (RPO). Schärfung des konservativen Profils – seit Tagen schwirrt in der Union dieses Motto als Lösung aller Probleme durch den Raum. Nur so könne man bei den Wählern wieder Boden gut machen, heißt es immer wieder. Doch der Wähler sieht dies offenbar anders. Laut einer neuen Umfrage hält die Mehrheit die CDU für zu konservativ. Sucht die Union also nach der falschen Strategie?

Konservative in der Union gesucht
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Konservative in der Union gesucht

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Berlin (RPO). Schärfung des konservativen Profils — seit Tagen schwirrt in der Union dieses Motto als Lösung aller Probleme durch den Raum. Nur so könne man bei den Wählern wieder Boden gut machen, heißt es immer wieder. Doch der Wähler sieht dies offenbar anders. Laut einer neuen Umfrage hält die Mehrheit die CDU für zu konservativ. Sucht die Union also nach der falschen Strategie?

37 Prozent der Deutschen sind der Ansicht, die CDU sei zu konservativ mit ihren heutigen politischen Standpunkten, wie eine aktuelle Umfrage für den ARD-Deutschlandtrend von Infratest Dimap ergab. Zudem sind demnach 15 Prozent der Ansicht, die Partei sei genau richtig aufgestellt. Und 32 Prozent halten die CDU für zu wenig konservativ.

Zu beachten ist hierbei, dass dabei der Schnitt der deutschen Wähler befragt wurde, so dass darunter auch diejenigen Bundesbürger erfasst sind, die vielleicht schon immer die Linke oder die SPD wählen und so natürlich die CDU als zu konservativ erachten. Insgesamt würden laut der Umfrage 32 Prozent die Union wählen.

Interessanter ist daher der Blick auf die CDU-Wähler selbst. Dort sind 33 Prozent der Befragten der Ansicht, die Partei sei doch zu wenig konservativ. Das entspricht in etwa dem Bild, dass viele Politiker innerhalb der Partei befürchten. Angeheizt durch die Integrationsdebatte wuchsen in den vergangenen Tagen Befürchtungen, es könne sich eine neue konservative Partei rechts der Union gründen.

Das Problem der Stammwähler

Daher forderten viele Unionspolitiker, dass konservative Profil der Partei zu schärfen. Die Angst vor einem weiteren Verlust der Wähler geht um. Vielfach wurden Stimmen laut, dass sich die Kanzlerin mit ihrer Politik zu wenig um die Stammwähler kümmere und die Partei zu weit nach links rutsche.

Die Umfrage zeigt aber auch, dass immerhin 20 Prozent der CDU-Wähler ebenfalls der Ansicht sind, die Partei sei zu konservativ. Ist also das Profil gar nicht das eigentliche Problem der Partei? Forsa-Chef Manfred Güllner jedenfalls glaubt, dass die Rufe nach einem konservativeren Profil wenig sinnvoll seien.

Güllner erklärte vor wenigen Tagen ebenfalls im Zusammenhang mit einer aktuellen Umfrage, die zum Beispiel die CSU in Bayern bei gerade einmal 38 Prozent sieht, dass das "Vertrauensvakuum" der Wähler "in der Mitte und nicht am rechten Rand" der Wählerschaft entstanden sei.

Seiner Ansicht nach hat die CDU vor einem Jahr viele Wähler an die FDP verloren. Und die nun enttäuschten würden nur zu einem kleinen Teil zur Union zurückkehren. "Aber diese Wähler würden nie rechtspopulistisch wählen." Es handele sich vielmehr um "Klassische Mittelständler" wie Handwerksmeister und Facharbeiter.

Enttäuschung über Regierung

Die Umfrage offenbart das große Dilemma der CDU. Denn sie sucht derzeit nach Wegen, wie sie den Wählerschwund in den aktuellen Umfragen gut machen kann. Die Streitereien innerhalb der Union und vor allem zwischen CSU und FDP haben der Koalition mächtig zugesetzt. Das Vertrauen der Bürger schwand zusehends. Viele waren frustriert, weil es den Anschein hatte, dass die Koalition mehr streite als regiere.

Diese Wähler sind nun verloren gegangen. Und es mögen zahlreiche Wechselwähler darunter gewesen sein, die — enttäuscht von der großen Koalition — vermehrt CDU und FDP vor der Bundestagswahl wählten und sich nun wieder enttäuscht abwenden. Daher will sich die Union eben auf jene zurückbesinnen, die zu ihrem Stammklientel gehören, um eine feste Basis zu halten.

Und nun kommt noch die Integrationsdebatte dazu. Denn die Suche nach dem konservativen Profil zeigt vor allem, dass die Union fürchtet, auch diejenigen Wähler zu verlieren, die immer treu zu ihnen gestanden zu haben. Ob sich damit Mehrheiten schaffen lassen oder nicht, spielt erstmal nur eine Nebenrolle.

Das Fortbestehen der Volkspartei

Denn es geht um das Fortbestehen der großen Volkspartei. Und welche Folgen eine Abspaltung in eine neue Partei haben kann, das hat das Beispiel SPD gezeigt. Nur langsam — und auch aufgrund der Unzufriedenheit mit der jetzigen Regierung — können sich die Sozialdemokraten von dem Debakel erholen.

Gerade das ist eben das Dilemma der großen Volksparteien. Sie müssen aus der Mitte der Gesellschaft heraus ihre Wähler finden, ohne das eigene Stammklientel zu vergraulen. Bisher gelang der CDU das ganz gut — zumal Politiker wie Roland Koch oder Friedrich Merz die konservative Fahne für die Stammwähler hochhielten.

Doch diese Politiker der alten Garde gibt es eben nicht mehr. Und so muss sich die Kanzlerin etwas einfallen lassen, um dieses Vakuum zu schließen. Denn die Neuen in den Reihen der Union werden noch einige Zeit brauchen, bis sie sich entsprechend etablieren können. Ob die Wähler der CDU aber solange abwarten können, ist fraglich.

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