Kommentar zur Suche nach neuer Parteiführung Die SPD steckt in einer hoffnungslosen Lage

Meinung | Berlin · Die Suchen nach einer neuen SPD-Parteiführung läuft aus dem Ruder. Bisher haben die Kandidaten der Partei keinerlei Auftrieb geben können. Auch Gesine Schwan und Ralf Stegner sind keine gute Antwort auf die Doppelspitze der Grünen.

 Ralf Stegner (59) und Gesine Schwan (76) wollen in einer Doppelspitze die Führung der SPD übernehmen.

Ralf Stegner (59) und Gesine Schwan (76) wollen in einer Doppelspitze die Führung der SPD übernehmen.

Foto: AFP/JOHN MACDOUGALL

Es sind nicht nur die Umfragewerte, die zeigen, wie bitter die Lage der SPD ist. Auch die Suche nach einer neuen Führung offenbart den Zerfallsprozess dieser Partei: Kein Genosse vermag es, die Suche zu steuern. Bislang hat sich noch niemand gemeldet, dem die Führung auch zugetraut wird - geschweige denn, dass jemand auf der Lichtung stünde, der die Sozialdemokraten wieder über 20 Prozent bringen könnte.

Es gibt in der SPD kein Machtzentrum mehr und keine Autoritäten. Die wenigen Hoffnungsträger, die diese Partei noch hat wie Generalsekretär Lars Klingbeil, Familienministerin Franziska Giffey oder auch die Regierungschefin aus Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, bleiben in Deckung. Das hat einen guten Grund: Wer strategisch seine Zukunft noch in der Spitzenpolitik sieht, will nicht SPD-Chef werden. Medizinische Diagnosen versieht man in solchen Fällen mit dem Zusatz: Es gibt keine Hoffnung mehr.

Wenn kein Wunder geschieht, werden die Sozialdemokraten weiter nach unten durchgereicht. Ein Wunder wäre es, wenn die SPD am Ende dieses verkorksten Kandidaten-Prozesses eine stabile neue Parteiführung bekäme, die nicht sofort von der Funktionärsebene demontiert wird. Ein Wunder wäre es auch, wenn sich die Sozialdemokraten in der großen Koalition stabilisieren könnten. All das ist nicht in Sicht.

Die Sozialdemokraten haben ihre Stärke in der Nachkriegsgeschichte daraus gezogen, dass sie eine staatspolitische Haltung zeigten, als Fortschrittspartei galten und für soziale Gerechtigkeit kämpften. Heute fallen sie zu oft durch eine strategische Haltung auf, das Image der Fortschrittspartei haben ihnen die Grünen weggenommen, und auf dem Feld der sozialen Gerechtigkeit gelingt es ihnen zu selten, ihr Heu auch in die Scheune zu fahren.

Es ist ein Jammer, dass die Zukunft der Parteiführung nun in einem völlig ungeordneten Verfahren bestimmt wird. Bisher ist mit dem neuen Kandidaten der Imageschaden für die Sozialdemokraten größer geworden. Man muss über Gesine Schwan und Ralf Stegner nicht lästern, aber eine gute Antwort auf die Doppelspitze der Grünen sind sie nicht.

Das entscheidende Problem der Kandidatensuche ist, dass die Stellenausschreibung gar nicht klar ist: Will die SPD eine Parteiführung, die sie stabilisiert und in der Groko hält? Oder wollen die Genossen eine Führung, die das Regierungsbündnis platzen lässt, um mit dem Wunsch Oppositionspartei in den nächsten Wahlkampf zu ziehen? Diese Richtungsentscheidung einem Mitgliedervotum zu überlassen, hat viel mit Nabelschau und nichts mit verantwortlicher Haltung zu tun. So lange die Verantwortung in der SPD wie eine heiße Kartoffel herumgereicht wird, werden auch die Wähler fernbleiben.

(qua)
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