Studie zu Rechtspopulismus Fast jeder Zweite glaubt an geheime Organisationen in der Politik

Düsseldorf · Ein Drittel der Deutschen stellt gleiche Rechte für alle Menschen in Frage, mehr als die Hälfte hat Vorbehalte gegen Asylsuchende und fast jeder Zweite glaubt an geheime Organisationen, die politische Entscheidungen beeinflussen - das sind die Ergebnisse einer neuen Studie.

 Die „Mitte-Studie“ zieht den Schluss: Rechte Einstellungen verfestigen sich in Deutschland. Hier befestigen Besucher einer Aschermittwochsveranstaltung in Sachsen eine Fahne der rechtsextremen "Identitären Bewegung".

Die „Mitte-Studie“ zieht den Schluss: Rechte Einstellungen verfestigen sich in Deutschland. Hier befestigen Besucher einer Aschermittwochsveranstaltung in Sachsen eine Fahne der rechtsextremen "Identitären Bewegung".

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Die neue „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Verbreitung menschenfeindlicher und antidemokratischer Meinungen in der Gesellschaft hat auch Positives zu berichten: Die Vorbehalte gegen Obdachlose haben seit 2014 kontinuierlich abgenommen. Hatten sich im Jahr 2016 noch 18 Prozent der Befragten negativ über wohnungslose Menschen geäußert, so waren es zuletzt nur noch knapp elf Prozent.

Abgenommen haben laut Studie auch die Vorbehalte gegen Homosexuelle. Entsprechende Einstellungen fanden die Forscher zuletzt noch bei rund acht Prozent aller Deutschen. Zwei Jahre zuvor hatte noch fast jeder Zehnte Vorbehalte gegen Lesben und Schwule.

Entgegensetzte Trends zeigen sich bei der Einstellung gegenüber Fremden und beim Glauben an Verschwörungen.

Die negative Haltung gegenüber Asylsuchenden hat laut Studie zugenommen: Waren es im Jahr 2016 noch weniger als die Hälfte (49,5 Prozent), die sich abwertend gegenüber asylsuchenden Menschen äußerten, sind es in der aktuellen Studie mit 54,1 Prozent mehr als die Hälfte.

Auch Verschwörungsmythen finden in der Bevölkerung großen Zuspruch. 46 Prozent meinen, geheime Organisationen würden politische Entscheidungen beeinflussen. Jeder Zweite traut eher den eigenen Gefühlen als Experten, nahezu ein Viertel der Befragten mutmaßt, Medien und Politik steckten unter einer Decke.

Eindeutig rechtsextreme Einstellungen werden zwar vom Großteil der Bevölkerung abgelehnt. Relativ weit verbreitet ist aber eine nationalchauvinistische Einstellung, die sich in Aussagen manifestiert wie: „Das oberste Ziel der deutschen Politik sollte es sein, Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zusteht.“ 17 Prozent stimmen dieser Aussage zu. Auch harter Sozialdarwinismus wird von einigen geteilt. Knapp acht Prozent der befragten Deutschen sind der Ansicht: „Eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen“. Fast jeder Zehnte stimmt der Aussage zu: „Es gibt wertvolles und unwertes Leben.“

Insgesamt blieben die Abwertung gegenüber Zugewanderten und Muslimen sowie antisemitische Einstellungen seit 2014 auf hohem Niveau. Jede fünfte befragte Person neigt deutlich zu rechtspopulistischen Einstellungen, bei 42 Prozent lässt sich eine Tendenz dazu feststellen. Dass die Verbreitung rechtspopulistischer Einstellungen insgesamt seit 2014 nicht zugenommen hat, beruhigt die Wissenschaftler nicht: Die Werte sind stabil, woraus die Forscher den Schluss ziehen, dass sie in der Mitte der Gesellschaft normaler geworden seien – „Die Mitte verliert ihren festen Boden und ihre demokratische Orientierung.“

Wenn menschenfeindliche Vorurteile, rechtspopulistische oder neurechte Einstellungen und der Glaube an Verschwörungen, verbreitet sind, „dann erleidet die Mitte der Gesellschaft Verluste und die Demokratie wird instabil“, erläuterte Andreas Zick, Direktor des Instituts in Bielefeld, das die Studie durchgeführt hat

Für die Studie hat ein Forschungsteam der Universität Bielefeld eine wissenschaftliche Umfrage zwischen September 2018 und Februar 2019 unter knapp 1900 repräsentativ ausgewählten Deutschen durchgeführt. Die Studie beauftragt hat die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort