In der Mitte der Gesellschaft verankert Studie: Antisemitismus keine Randerscheinung

Berlin · In der deutschen Gesellschaft ist einer Studie zufolge antisemitisches Denken in erheblichem Umfang zu verbreitet. 20 Prozent der Bevölkerung seien "latent" judenfeindlich eingestellt. Vor allem das Internet spielt eine Rolle.

"Hitler-Comic" gegen den Antisemitismus
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Diese Form des Antisemitismus äußere sich nicht zwingend in Taten, sondern sei "in den Einstellungen vorhanden", sagte der Zeithistoriker Peter Longerich, der dem Expertenkreis angehört, bei der Vorstellung der Studie am Montag in Berlin.

Der Antisemitismus sei kein gesellschaftliches "Randphänomen". Das "rechtsextremistische Lager" ist laut dem Bericht der "wichtigste politische Träger" des Antisemitismus.

In dem der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Bericht heißt es, das Internet spiele bei der Verbreitung von Antisemitismus eine besondere Rolle. Rechtsextreme, Holocaust-Leugner und extremistische Islamisten nutzten das Netz mit großer Selbstverständlichkeit als Plattform für ihre Propaganda.

Doch Antisemitismus sei auch jenseits der rechtsextremen und islamistischen Milieus zu beobachten. Es gebe mittlerweile eine "bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitete Gewöhnung an alltägliche judenfeindliche Tiraden und Praktiken". Diese basierten auf weit verbreiteten Vorurteilen, tief verwurzelten Klischees und auch auf schlichtem Unwissen über Juden und das Judentum.

Beispielsweise seien rassistische, rechtsextreme und antisemitische Parolen auch weiterhin auf deutschen Fußballplätzen an der Tagesordnung. Bei der Verbreitung antisemitischer Einstellung unter der Bevölkerung nehme Deutschland aber im europaweiten Vergleich einen Mittelplatz ein. Zum Teil extrem hohe Antisemitismus-Werte gebe es in Polen, Ungarn und Portugal.

Nach einem entsprechenden Bundestagsbeschluss hatte die Bundesregierung den Expertenkreis im Jahr 2009 eingesetzt, um verstärkt gegen Antisemitismus vorzugehen. An diesem Montag stellte das Gremium seine Studie auf Einladung von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) in Berlin vor. Der Kreis soll regelmäßig Berichte vorlegen - dies ist nun der erste.

(dpa/apd)
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