Neues Gesetz ab 1. Januar Streitpunkt: Zuwanderung von Juden

Berlin (rpo). Die Begrenzung der Zuwanderung ist beim Zentralrat der Juden auf großen Protest gestoßen. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) erklärte, dass darauf zu achten, dass keine Personen mehr nach Deutschland kommen, "die nicht unter den geschichtlich begründeten Schutzgedanken der Zuwanderungs-Regelung fallen". Der Zentralrat fürchtet, dass Juden die Zuwanderung erschwert werden könne.

Während des vergangenen Jahrzehnts kamen durch die Aufnahmepraxis von Juden aus der Ex-UdSSR auch über 80.000 Menschen nach Deutschland, die dann nicht zu den jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zählten. Das wird aus verschiedenen Statistiken deutlich. Die Neufassung wird durch das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 1. Januar erforderlich.

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat sich in den Streit mit dem Zentralrat der Juden um eine Begrenzung der jüdischen Zuwanderung vor allem aus der EX-UdSSR eingeschaltet. Der Minister sagte dessen Präsident Paul Spiegel bei einem Gespräch zu, dass es eine Neuregelung "nur im Einvernehmen mit dem Zentralrat" geben werde, wie das Ministerium am Mittwochabend mitteilte. Schily sprach von einem "sehr freundschaftlichen Gespräch"; von einem Streit zwischen ihm und dem Zentralrat könne "keine Rede sein".

Spiegels Kritik

Zentralrat-Präsident Paul Spiegel kritisiert in der "Jüdischen Allgemeinen" (Donnerstagsausgabe), das Gremium sei erst "drei Tage vor der entscheidenden Ministerpräsidentenkonferenz mündlich unterrichtet" worden. "Wir haben deutlich protestiert", sagte er in dem Interview. Zuvor hatte ein Sprecher des Innenministeriums kritische Äußerungen von Spiegel bezweifelt und von einem "sehr unguten Zwischenklima" gesprochen. Spiegel bekräftigte in dem Interview die Haltung des Zentralrats, die Pläne der Innenminister seien "in einigen Bereichen verbesserungsfähig und in anderen völlig inakzeptabel". Sein Gremium habe selbst eine Neuregelung angeregt. "Die Bedingungen müssen aber vertretbar sein." Sollten die Pläne der Innenminister umgesetzt werden, werde die Zahl der Zuwanderungsbewilligungen mittelfristig um 90 Prozent zurückgehen.

"Rechnen mit falschen Zahlen"

Am Mittwochmorgen hatte Spiegel ähnliche Kritik in der "Netzeitung" geäußert. Die Bundesregierung stelle bei diesem Thema die "Tatsachen auf den Kopf" und rechne mit falschen Zahlen. Zudem werde der Zentralrat vor "vollendete Tatsachen gestellt".

Die Zuwanderung aus der Ex-UdSSR die nun begrenzt werden soll, bezeichnete der Sprecher des Innenministeriums, Rainer Lingenthal als "Erfolgsgeschichte", die fortgesetzt werden solle. Ohne die Zuwanderung der letzten 14 Jahre würden die jüdischen Gemeinden in Deutschland zum "überwiegenden Teil" nicht mehr existieren, zitierte er aus einem Brief Spiegels. Der Ministeriumssprecher: "Die Bundesregierung ist sich der historischen Verantwortung bewusst."

Sprache, Alter, Einladung

Nach Presseberichten will die Bundesregierung den Zuzug von Juden aus der früheren Sowjetunion deutlich begrenzen. So soll das Beherrschen der deutschen Sprache Voraussetzung werden. Zuzügler sollen maximal 45 Jahre alt sein und nicht der Sozialhilfe anheim fallen. Zudem müssen sie die Einladung einer jüdischen Gemeinde in Deutschland nachweisen. Damit würde sich die Zahl der Zuzügler aus der Ex-Sowjetunion drastisch reduzieren. Spiegel bestätigte in der "Jüdischen Allgemeinen", dass gegenwärtig 85 Prozent der Zuwanderer dauerhaft von der Sozialhilfe abhängig seien. Grund dafür seien Altersgründe und eine niedrige Sprachqualifikation.

Lingenthal äußerte sich auch zu dem Ansinnen von Bündnisgrünen und Sozialdemokraten, die Kontroverse im Bundestag zum Thema zu machen. Es sei das gute Recht des Parlaments, jede Materie zu beraten. Eine Beschlussfassung des Parlaments werde es in dieser Sache jedoch "sicher nicht geben können". Es sei denn, das zum 1. Januar in Kraft tretende Zuwanderungsgesetz werde geändert. - Nach der bisherigen Aufnahmeregelung dürfen Personen zuwandern, die jüdischen Glaubens sind oder von mindestens einem jüdischen Elternteil abstammen. Diese Regelung für so genannte Kontingentflüchtlinge stammt aus dem Jahr 1991. Die Zuzugszahl betrug im Jahr 2003 nach dem jüngsten Migrationsbericht der Bundesregierung 15.442; 2002 waren es über 19.000.

(afp)
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