Koalitionsverhandlungen Streit um Zwangsprostitution - Strafe für Freier?

Berlin · In der großen Runde der schwarz-roten Koalitionsverhandlungen ist es zu einem Streit über die Bekämpfung der Zwangsprostitution gekommen. Einige Unions-Frauen fordern eben einem Aufenthaltsrecht für Opfer auch Strafen für Freier.

Prostitution und Bordelle 2018 in NRW
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Foto: dpa/Andreas Arnold

Einigen Unions-Frauen gingen die Vorschläge der Arbeitsgruppe Inneres in dieser Frage nicht weit genug, hieß es aus Verhandlungskreisen. Sie forderten auch stärkere Kontrollen von Bordellen und die Bestrafung von Freiern, die Zwangsprostituierte wissentlich und willentlich sexuell ausbeuten. Die AG Inneres, deren Ergebnisse in der großen Runde beraten wurden, hatte diese Bestrafung nicht vorgesehen.

Auch zahlreiche Prominente aus Kunst, Kultur, Politik und Wissenschaft haben einen "Appell gegen Prostitution" von Frauenrechtlerin Alice Schwarzer unterzeichnet. Sie fordern eine Änderung des Prostitutionsgesetzes von 2002, das die rechtliche Stellung von Prostituierten regelt. Deutschland sei zur "europäischen Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies der Sextouristen aus den Nachbarländern" verkommen, heißt es in dem Aufruf.

Die Unions-Leiterin der Arbeitsgruppe Familie, Annette Widmann-Mauz (CDU), soll beklagt haben, dass es keine strafrechtliche Konsequenzen gebe, wenn jemand Prostituierte und Frauen ausbeute, die unter menschenverachtenden Umständen "gehalten" werden. "Eine große Koalition muss die Chance nutzen, solche menschenunwürdigen Zustände zu beseitigen", wird Widmann-Mauz zitiert. Auch das Argument einer schwierigen Nachweisbarkeit sei wenig überzeugend, da in der Regel das Opfer als Zeugin greifbar sei und niemand ernsthaft die Glaubwürdigkeit von Prostituierten generell in Frage stellen wolle.

Einigung bei Europapolitik, Verbraucherschutz und Patientensicherheit

Bei anderen Themen kamen Union und SPD schneller auf einen Nenner. So haben sie sich in ihren Koalitionsverhandlungen auf Grundzüge der Europa-Politik verständigt. Wie aus der großen Koalitionsrunde in Berlin verlautete, wird es auch künftig keine Vergemeinschaftung von Staatsschulden sowie keine Schuldenunion geben. Zudem müsse eine stärkere Balance zwischen Wirtschafts- und Sparpolitik sowie sozialen Belangen erreicht werden.

Bei der Asylpolitik planen CDU und SPD Lockerungen. Asylverfahren sollen beschleunigt werden und Asylbewerber mehr Möglichkeiten bekommen, sich in Deutschland frei zu bewegen. Außerdem sollen sie früher als bisher arbeiten dürfen. Darauf hat sich die Unter-Arbeitsgruppe zu Migration und Integration verständigt, wie die Vorsitzenden, SPD-Vize Aydan Özoguz und die Integrationsbeauftragte der Regierung, Maria Böhmer (CDU), sagten.

Union und SPD wollen Verbraucher zudem besser vor unseriösen Geschäftspraktiken wie schnellen Vertragsabschlüssen am Telefon schützen. Das sieht ein Konzept der zuständigen Arbeitsgruppe vor, das die große schwarz-rote Verhandlungsrunde für eine große Koalition am Mittwoch in Berlin billigte. Verträge sollen erst nach schriftlicher Bestätigung wirksam werden. Um Verbraucher besser vor Zwangsabschaltungen von Strom und Gas zu bewahren, sollen Anbieter auf Kundenwunsch auch Zähler mit einer Vorauszahlfunktion einbauen.

Auch bei der Patientensicherheit kam es zu einer Einigung. Unangemeldete Kontrollen in den Krankenhäusern sollen künftig Risiken für Klinikpatienten in Deutschland eindämmen. Korruption im Gesundheitswesen soll besser bestraft werden können. Mehr Sicherheit für Patienten soll es auch bei Implantaten geben. Das sehen Entwürfe der Arbeitsgruppe Gesundheit bei den Koalitionsverhandlungen vor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorlagen.

(dpa)
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