Eifel Streit um Waldverkauf an Bofrost

Nettersheim (RP). Bewohner der Eifel laufen Sturm gegen Pläne der Landesregierung, eine riesige Waldfläche in der Nordeifel an die Familienstiftung des Straelener Bofrost-Gründers, Josef H. Boquoi, zu verkaufen. Nur der Landtag könnte die Pläne noch stoppen.

 Förster Wolfgang Schmieder will nicht, dass der Staatsforst in der Nordeifel verkauft wird.

Förster Wolfgang Schmieder will nicht, dass der Staatsforst in der Nordeifel verkauft wird.

Foto: RP, Christoph Göttert

Vom Aussichtsturm der Eifelhöhenklinik nahe des Dörfchens Marmagen geht der Blick weit ins Land. Am Horizont reckt das Salvatorianer-Kloster Steinfeld seine Türme in den wolkenverhangenen Himmel. Ringsum erstreckt sich hügeliges Gelände mit viel Wiesen und noch mehr Wald. "Seit Hunderten von Jahren gehören alle diese Wäldereien zum Kloster, und nun sollen sie an einen Privatbesitzer verkauft werden", sagt Wolfgang Schmieder.

Der 39-Jährige ist Förster und Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald in Euskirchen. Im Augenblick aber ist er vor allem einer der Wortführer des Bürgerprotestes gegen Verkauf der Liegenschaften. Finanzminister Helmut Linssen will die mauen Finanzen des Landes durch den Verkauf von 2653 Hektar Staatsforst aufbessern. Dabei handelt es sich um fünf Teilstücke, die in den Eifelgemeinden Dahlem, Kall, Mechernich, Hellenthal, Nettersheim und Blankenheim liegen. Die Gesamtfläche beträgt etwa 15 Prozent des Eifelwaldes oder drei Prozent des NRW-Staatsforstes. Nach einem Bieterverfahren blieb die Bofrost-Stiftung des Tiefkühl-Magnaten Josef. H. Boquoi als einziger Interessent übrig. Die Stiftung hat ihren Sitz in Geldern, das zu Linssens Wahlkreis gehört.

25,5 Millionen will die Stiftung für die Eifel-Liegenschaften zahlen. Die Verträge, so verlautete aus dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, das den Verkauf abwickeln soll, lägen schon unterschriftsreif in der Schublade. Was fehlt, ist ein Beschluss des Landtags. Der allerdings ist noch längst nicht sicher. SPD und Grüne haben sich gegen den Verkauf ausgesprochen, die FDP ist dafür.

Im Prinzip gilt das auch für die CDU. Doch zumindest einen Abgeordneten könnte eine Zustimmung zu den Plänen die politische Karriere kosten. Clemens Pick, Abgeordneter für den Kreis Euskirchen, kommt selbst aus dem Eifeldorf Marmagen, das an die zum Verkauf stehenden Waldparzellen grenzt. Er steht unter dem Druck seiner Wählerbasis. Die ist vehement gegen den Verkauf. Die Bürgermeister von Nettersheim, Blankenheim, Dahlem, Hellenthal, Kall und Schleiden, allesamt Parteifreunde Picks, wollen den Wald im Staatsbesitz behalten.

Etliche Abgeordnete im Landtag, darunter auch Pick, wollen zudem geklärt wissen, ob das Ausschreibungsverfahren korrekt durchgeführt wurde, da in den Vertragstexten als Käufer neben der Bofrost-Stiftung noch zwei andere Rechtspersonen auftraten, die allerdings beide zum Bofrost-Geflecht gehören. Außerdem gibt es Befürchtungen, der Verkauf bringe unter dem Strich weit weniger als besagte 25,5 Millionen Euro ein, weil die Stiftung möglicherweise Anspruch auf eine Steuerrückerstattung von angeblich 15 Millionen Euro habe.

"25,5 Millionen Euro, das ist schon ein stolzer Preis", räumt selbst Verkaufsgegner Schmieder ein. "Ich würde gerne mal wissen, was die Bofrost-Stiftung damit will." Die besitzt bereits große Waldgebiete in anderen Bundesländern. Etliche Eifeler vermuten, Stiftungsgründer Boquoi wolle in der Eifel vor allem seiner Jagdleidenschaft frönen. In einer Stellungnahme der Stiftung, die unserer Zeitung vorliegt, heißt es zu den Zwecken des Ankaufs lediglich, auf den Flächen solle "nachhaltiges, naturnahes, standortgerechtes, bodenschonendes, fachgerechtes und ökologisches Waldmanagement" betrieben werden.

Beruhigen lässt sich in der Eifel von solchen Zusicherungen niemand. "Wir haben hier schon zu viele Schwierigkeiten mit privaten Waldbesitzern gehabt", sagt Manfred Rippinger, Geschäftsführer des Eifelvereins, dessen 30 000 Mitglieder Druck gegen den Verkauf machen. So sei es in privaten Waldungen schwieriger, Wanderwege anzulegen und zu unterhalten als in öffentlichen Forsten.

"Anders als privater Besitz dient der Staatsforst laut Gesetz dem Gemeinwohl", ergänzt Förster Schmieder. "Wenn ich nach einem Sturm einen Wanderweg nicht schnell freiräume, bekomme ich Druck von meinem Bürgermeister. Bei Privatwaldbesitzern ist das nicht so." Thomas Stoffmehl, Sprecher der Bofrost-Stiftung weist die Bedenken zurück: "Die öffentliche Diskussion entbehrt leider jeder Grundlage und kann von uns nur mit politischen Interessen erklärt werden. Der Erholungsraum für Bürger und Staat kann überhaupt nicht reduziert werden, er besteht und wird von uns garantiert."

Tatsächlich ist auch ein privater Forst-Besitzer verpflichtet, Spaziergänger in seinem Revier zu dulden. Viele Privatforste unterscheiden sich kaum vom Staatswald. Trotzdem bleiben die Eifeler misstrauisch. Die meisten der Protestierenden, die vor kurzem auch in Düsseldorf demonstrierten, sind schon im Rentenalter. "Mit dem Wald ", sagt Schmieder, "sind für die Menschen auch starke Gefühle verbunden. Das ist wie der Ausverkauf der Heimat."

(RP)
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