Massiver Streit um Scholz-Pläne Finanzminister will 2500 Kommunen alle Schulden streichen

Berlin · Kritik kommt von vielen Seiten: Bundesfinanzminister Olaf Scholz stößt mit seinem Plan, tausende Kommunen in Deutschland auf einen Schlag zu entschulden, auf vielfache Gegenwehr. Profitieren würden vor allem auch Kommunen in NRW.

 Olaf Scholz im Bundestag (Archivbild).

Olaf Scholz im Bundestag (Archivbild).

Foto: dpa/Fabian Sommer

"Gegen Bundeshilfen zur Bewältigung der Kassenkredite in einigen Kommunen gibt es schwerwiegende verfassungsrechtliche und grundsätzliche Bedenken", erklärte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU), am Samstag. Auch FDP und Linke äußerten sich ablehnend, Zustimmung kam von den Grünen.

Scholz will etwa 2500 hoch verschuldeten Städten und Gemeinden helfen. Gemeinsam mit den betroffenen Ländern wolle er diesen Kommunen die Schulden einmalig abnehmen, sagte der Finanzminister den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. "Ich stelle mir so etwas wie eine Stunde null dieser Kommunen vor."

Der Vizekanzler bezifferte die Altschulden der Kommunen bei den sogenannten Kassenkrediten auf etwa 40 Milliarden Euro. Betroffene Länder und Kommunen hoffen, dass der Bund davon bis zu 50 Prozent übernimmt. Profitieren würden vor allem Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland.

Scholz machte die Hilfe des Bundes aber von der Solidarität der Länder und Kommunen abhängig. "Wenn man 2500 von mehr als 11.000 Kommunen helfen möchte, (...) geht das nur, wenn es keine Eifersucht gibt", sagte er. Er sei aber zuversichtlich, dass bei den Altschulden ein "Akt der Solidarität" gelinge.

Hingegen betonte der CDU-Politiker Rehberg, die geplanten Hilfen des Bundes wären gegenüber Ländern, die die teils ebenfalls schwierige Situation mit eigener Anstrengung meistern, eine nicht "akzeptable Ungleichbehandlung". Hessen etwa habe gerade erst knapp fünf Milliarden Euro Kassenkredite seiner Kommunen übernommen - das sei der richtige Weg. Rehberg fügte hinzu, die Verantwortung für die Finanzsituation der Kommunen liege klar bei den Ländern. "Der Bund darf hier nicht eingreifen."

Für die FDP erklärte Fraktionsvize Michael Theurer, Scholz habe einen "parteipolitisch motivierten, unausgegorenen, unabgestimmten und kaum zu finanzierenden Vorschlag" vorgelegt. Ein "Riesenproblem sei zudem die Gefahr von Fehlanreizen. Sollten Bund und Länder die kommunalen Schulden übernehmen, gehe die Notwendigkeit zum sparsamen Haushalten in den Kommunen verloren.

Auch der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, äußerte sich kritisch. "Eine pauschale Schuldenübernahme durch den Bund mag kurzfristig populär sein, richtet langfristig aber Schaden an und untergräbt die Finanzdisziplin", sagte Fuest dem "Handelsblatt". Wenn der Bund einfach die Schulden übernehme, werde das Signal gesetzt, dass sich Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung nicht lohnten, "weil man hohe Schulden irgendwann auf die Gemeinschaft abwälzen kann".

Linken-Chef Bernd Riexinger erklärte grundsätzlich, eine Entschuldung von Kommunen sei "dringend notwendig". Aber "einige Kommunen in einigen Teilen des Landes zu entschulden, ohne die Finanzierung der Kommunen langfristig auf tragfähige Füße zu stellen, ist kein schlüssiges Konzept".

Die Entschuldung nur für die Kommunen einiger Länder anzubieten, die zusammen keine Mehrheit im Bundesrat hätten, könne dazu führen, dass die Initiative dort blockiert werde, warnte Riexinger. Das Vorhaben wecke daher "Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Absicht".

Die Grünen-Fraktion begrüßte hingegen das Vorhaben von Scholz. Es sei richtig, hoch verschuldeten Kommunen zu helfen, ihre Schulden abzubauen, sagte der Sprecher für Kommunalfinanzen, Stefan Schmidt, der Nachrichtenagentur AFP. Es sei zu hoffen, dass Scholz nun "endlich ein umfassendes Konzept vorlegt", nachdem er bereits mehrfach einen Altschuldenfonds angekündigt habe.

(felt/AFP)
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