Steinmeier verweigert Empfang Streit um Dalai Lama-Besuch

Möchengladbach/Berlin (RP). In dieser Woche kommt das religiöse Oberhaupt der Tibeter zu einem viertägigen Besuch nach Deutschland. Außenminister Steinmeier (SPD) will ihn nicht empfangen - und gerät dadurch in der Koalition massiv in die Kritik.

2007: Merkel trifft den Dalai Lama
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Foto: ddp

Die Halle des Flughafens in Mönchengladbach wird mit den tibetischen Fahnen geschmückt. Samstag kommt der Dalai Lama an den Niederrhein, um einen Vortrag mit dem Thema "Frieden und Menschenrechte - die Grundlagen der modernen Gesellschaft" zu halten. Tickets, die ursprünglich 40 Euro gekostet haben, werden im Internet mittlerweile für 160 Euro gehandelt. Die Veranstaltung wird vom amerikanischen TV-Sender CNN übertragen. Das Interesse an dem Besuch ist enorm.

Der Besuch des Dalai Lama in Deutschland dauert vier Tage. Aber der Tibeter wird weder von Bundespräsident Horst Köhler noch von einem Mitglied der Bundesregierung empfangen. Nicht in Berlin, sondern in Bochum wird der Friedensnobelpreisträger von Bundestagspräsident Norbert Lammert begrüßt. Drei Gesandte der chinesischen Botschaft hatten versucht, das Treffen durch eine Vorsprache bei Lammerts Büroleiter zu verhindern. Doch der Bundestagspräsident ließ sich nicht einschüchtern. Einflussnahme sei "in Form und Sache inakzeptabel", so Lammert. "Wir lassen uns von niemandem Kontaktsperren verordnen."

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) lehnte es ab, den Dalai Lama zu empfangen. Er will das Verhältnis zur chinesischen Führung nicht abermals strapazieren. Das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem religiösen Oberhaupt der Tibeter im vergangenen Jahr hatte die Führung in Peking extrem verärgert.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) erinnerte an "das mutige Signal", das Merkel 2007 "mit dem Empfang des Dalai Lama in Berlin" gegeben habe. Steinmeier gehe nun "das Risiko ein, dass in China der Eindruck entsteht, die Menschenrechtsfrage sei doch nicht so ein zentrales Anliegen der Bundesregierung, wie es durch den Empfang der Kanzlerin zum Ausdruck gebracht worden ist". Ein solcher Eindruck wäre "in der Phase der beginnenden Gespräche zwischen der chinesischen Führung und der tibetischen Exil-Regierung fatal".

Auch CSU-Chef Erwin Huber kritisierte die Absage Steinmeiers, die mit Terminproblemen begründet wurde. Er hätte "mehr Courage von Steinmeier erwartet", sagte Huber. Der Dalai Lama sei eine Symbolfigur, da dürfe ein Gesprächsangebot "nicht so kühl und undiplomatisch" zurückgewiesen werden. Tseten Chhoekyapa, der Europa-Vertreter des Dalai Lama, hatte Steinmeiers Absage als "sehr unglücklich" kritisiert.

TV-Journalist Franz Alt, ein Vertrauter des Dalai Lama, warf Bundespräsident Köhler vor, "vor den Chinesen in die Knie" zu gehen. Claudia Roth, Vorsitzende der Grünen, sagte, es stünde dem Bundespräsidenten "gut zu Gesicht, wenn er sich nicht wegducken, sondern Gastfreundschaft gegenüber dem Dalai Lama zeigen würde".

Der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich hingegen nahm Köhler und Steinmeier in Schutz. Die Union instrumentalisiere den Besuch des Dalai Lama, um in der innenpolitischen Debatte "zu punkten", sagte Mützenich. "Worauf es ankommt, ist, die Bewegungsspielräume für Tibet zu verbessern", sagte das Mitglied des Auswärtigen Ausschusses. Dies geschehe nicht durch Vier-Augen-Gespräche mit dem Dalai Lama, sondern "indem man die chinesische Führung davon überzeugt". Jürgen Trittin, der außenpolitische Sprecher der Grünen, erklärte, er habe den Eindruck, dass die CDU aus dem Besuch des Dalai Lama "innenpolitisches Kapital" schlagen wolle. "Es ist klare Doppelmoral der Union, Steinmeier für dessen Gesprächsabsage zu kritisieren, aber beim Bundespräsidenten, der auch für ein Treffen angefragt war, zu schweigen", kritisierte Trittin.

In Nordrhein-Westfalen wird der Nobelpreisträger neben dem Gespräch mit Bundestagspräsident Lammert in Bochum auch mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) zusammentreffen. Die SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft wird in Mönchengladbach ein Grußwort sprechen. Die Oppositionsführerin hatte den Dalai Lama im vergangenen Jahr bei dessen Besuch in Münster bei einem Essen kennengelernt. Das Büro des Tibeters hatte Kraft daraufhin gebeten, bei der Veranstaltung am Mönchengladbacher Flughafen zu sprechen. Zu dem Vortrag werden 2400 Besucher erwartet.

Der Dalai Lama kommt im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Nobelpreisträger in Mönchengladbach" an den Niederrhein. Zuvor waren bereits Lech Walesa, Shimon Peres und Michail Gorbatschow zu Vorträgen in der Stadt.

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