Nach umstrittenem Auftritt im "heute-journal" Seehofer verteidigt Gabriel in Beschwerdebrief ans ZDF

München/Berlin · Nach seinem hitzigen Schlagabtausch mit ZDF-Moderatorin Marietta Slomka im "heute-journal" bekommt Sigmar Gabriel (SPD) Unterstützung von Neu-Koalitionspartner Horst Seehofer (CSU). Seehofer kritisiert in einem Beschwerdebrief ans ZDF, Gabriel habe in dem Interview wie ein Schulbub vorgeführt werden sollen.

 Das Interview von ZDF-Moderatorin Marietta Slomka mit SPD-Chef Sigmar Gabriel schlägt hohe Wellen.

Das Interview von ZDF-Moderatorin Marietta Slomka mit SPD-Chef Sigmar Gabriel schlägt hohe Wellen.

Foto: dpa

Stein des Anstoßes war ein Interview im "heute-journal" am Donnerstagabend. Der Ton des Gesprächs wurde zunehmend gereizt, nachdem Slomka die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des SPD-Mitgliederentscheids über die große Koalition aufgeworfen hatte. Gabriel wies dies als "Quatsch" zurück. Nach einem scharfen Wortwechsel warf er Slomka schließlich auch vor, es sei "nicht das erste Mal, dass Sie in Interviews mit Sozialdemokraten nichts anderes versuchen, als uns das Wort im Mund umzudrehen". Slomka erwiderte darauf: "Herr Gabriel, Sie werden mir jetzt bitte nichts unterstellen."

Das ZDF wehrte sich gegen den Vorwurf der Parteilichkeit. Diesen habe Moderatorin Marietta Slomka "entschieden und mit Recht" zurückgewiesen, erklärte "heute journal"-Redaktionsleiterin Anne Reidt. In dem Interview sei es "hart zur Sache und um die Sache" gegangen. "Argumentativer Schlagabtausch und Verbalgefecht sind Instrumente des politischen Journalismus", erklärte Reidt.

Gabriel verteidigte seine Kritik am Freitag in einem Interview mit dem RTL-Magazin "sonntags.live". "Manche Journalisten glauben, wir Politiker seien so zum Watschenmann da." Dafür sei er nicht geeignet. Er sei dem ZDF aber nicht böse und halte Streit durchaus für sinnvoll: "Man muss doch auch mal Emotionen zeigen."

CSU-Chef Seehofer beschwerte sich in einem Brief an ZDF-Intendant Thomas Bellut über das Interview. "Ich wehre mich gegen diese Qualität der Diskussion," sagte Seehofer, der im Verwaltungsrat des Mainzer Senders sitzt. Gabriel sollte in dem Interview wie ein Schulbub vorgeführt werden, kritisierte Seehofer.

Der frühere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück schloss sich Gabriels Kritik an der Moderatorin Slomka an. "Ich kann mich an ein Interview im Wahlkampf mit Frau Slomka erinnern, das mir äußerste Disziplin und Höflichkeit abverlangt hat", sagte Steinbrück der "Bild". "Politiker müssen sich das keineswegs gefallen lassen."

In der Frage, die Gabriels Zorn erregte, hatte Slomka auf die Bedenken einiger Verfassungsrechtler am SPD-Mitgliederentscheid verwiesen. So argumentiert etwa der Leipziger Juraprofessor Christoph Degenhart, dass die Entscheidung über eine Koalition laut Grundgesetz beim Bundestag liegen müsse, nicht bei Parteimitgliedern.

Wie Gabriel wies auch Seehofer diese Argumentation zurück: Die CSU entscheide mit etwa 100 Vertretern über den Koalitionsvertrag, die CDU auf ihrem kleinen Parteitag vielleicht mit 400. "Wenn ein Mitgliederentscheid verfassungswidrig ist, dann sind es unsere Veranstaltungen gleich doppelt und dreifach", sagte er in München.

Gabriel hatte das ZDF-Interview am Rande einer Basisveranstaltung in Hessen gegeben, wo er erstmals nach Anschluss der Koalitionsverhandlungen vor SPD-Mitgliedern für das Bündnis mit der Union warb. "Ich habe keine Angst vor dem Mitgliedervotum", sagte er dabei. Er verwies auf die SPD-Verhandlungserfolge in dem Vertrag.

(AFP)
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