Umstrittene Büttenrede von Strack-Zimmermann Das Gift der bösen Königin

Meinung | Aachen/Düsseldorf · Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat mit ihrer Aachener Karnevalsrede den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und seine Partei herausgefordert. Die hat reagiert. Warum sie das besser gelassen hätte.

Marie-Agnes Strack-Zimmermanns Karriere in Fotos
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Foto: dpa/Michael Kappeler

Das Gift der bösen Königin entfaltet seine Wirkung: Im Disney-Gewand von Schneewittchens rachsüchtiger Stiefmutter hat FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann so scharf gegen CDU-Chef Friedrich Merz ausgeteilt, dass man in dessen Partei die Nerven verlor und eine Entschuldigung verlangte. Die „Grenzen des anständigen Umgangs“ seien gesprengt worden, hieß es. Damit finden erneut Worte von der Narrenbühne Widerhall in der spaßbefreiten Wirklichkeit, und der karnevalistische Auftritt einer Politikerin hat ein politisches Nachspiel.

Egal, wie man zu den Zeilen steht, die Strack-Zimmermann gegen Merz vortrug: Mit dem Ruf nach Entschuldigung tut sich die CDU keinen Gefallen. Sie wirkt nun wie ein Verein humorloser Beleidigter, die für eine Narrenrede ernsthaft Satisfaktion verlangen. Das ist das falsche Mittel für den Karneval. Schließlich hat Strack-Zimmermann nicht auf politischer Bühne ausgeteilt, sondern auf karnevalistischer. Sie hat die Narrenfreiheit genutzt, um im Gewand der schwarzen Königin mit überzeichneter Fönfrisur böse Sätze auszusprechen. Sie ist damit weit über das hinausgegangen, was höflich, gerecht und unter ehemaligen Koalitionspartnern üblich ist. Schließlich hat sie Merz nicht nur altväterliche Gesinnung vorgeworfen und ihm strittige Aussprüche zu Flüchtlingen und „kleinen Paschas“ um die Ohren gereimt, sondern sich so weit verstiegen, Christen in der CDU zu mahnen, sie hätten sich für ihren Vorsitzenden zu schämen.

Doch sie tat es in der Bütt, sie nutzte ihre Rolle, um über die Schmerzgrenze zu gehen. Und sie tat es als Frau, die sich herausnimmt, männliche Kollegen „Zwerg“ zu nennen. Das kann man gemein oder niveaulos finden, im Karneval ist Rücksichtslosigkeit erlaubt. Es macht ihn sogar aus. Die fünfte Jahreszeit steht nun mal nicht im Kalender, sie ist ein besonderer Raum, in dem nicht taktiert, sondern Klartext gesprochen werden soll. Und so hat Strack-Zimmermann auch leichtes Spiel, alle Anwürfe gegen ihre Rede zu kontern. Sie muss nur die Karnevalskarte ziehen, tat es auch prompt bei Twitter: Karnevalismus sei nicht gottgegeben, schrieb sie da. Wer kritisiert, was sie reimte, ist halt nicht jeck genug. Das ist die Waffe der Karnevalisten. Humor ist bekanntlich, wenn man trotzdem...

Allerdings war schon die Reaktion auf Strack-Zimmermanns Rede im Sitzungssaal zu Aachen an den Stellen gegen Merz eher verhalten. Denn gerade ein humoristisches Publikum hat ein feines Gespür dafür, wenn etwas nicht nur böse, sondern gemein wird. In ihrem karnevalistischen Furor hat Strack-Zimmermann zwar durchaus Selbstironie bewiesen, als sie sich selbst als Dauer-Talkshow-Gast, „ohne Zweifel ministrabel“ und die „Allergeilste“ einführte, doch fehlte ihrer Rede das rechte Maß an Milde, das Spott nicht zahm macht, sondern weise. Das nur andeutet, was nicht ausgesprochen werden muss, und dem Gegner so viel Gesicht lässt, dass er lächeln kann. Merz konnte es nicht mehr. Und das ist kein Zeichen seiner Humorlosigkeit, sondern spiegelt die Unerbittlichkeit, mit der die böse Königin in der Bütt zuschlug. Wer da noch gelächelt hätte, hätte nicht gut zugehört.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) bei der Verleihung des „Ordens wider den tierischen Ernst" des Aachener Karnevalsvereins.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) bei der Verleihung des „Ordens wider den tierischen Ernst" des Aachener Karnevalsvereins.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Die CDU hätte den bösen Spott trotzdem besser verhallen lassen. Auch dazu kann eine derartige Vorlage gut sein: um karnevalistische Resilienz zu beweisen. Nun werden die Verse wieder und wieder wiederholt. Ein Narr, wer böses dabei denkt.

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