Schweizer kritisieren Kauf der CD Steuerdaten: CDU-Mitglied zeigt Kanzlerin an

Berlin/Düsseldorf (RPO). Die zum Kauf angebotenen Daten von Steuersündern sorgen weiter für Zwist zwischen Deutschland und der Schweiz. Auch in Deutschland gibt es Kritiker: Ein Rechtsanwalt und CDU-Mitglied erklärte, er habe Anzeige gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestellt.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) rief in der aktuellen Debatte über die Daten aus der Schweiz zur Mäßigung auf. Der Vizekanzler warnte vor einer "voreiligen Diskussion" und forderte eine sorgfältige rechtstaatliche Prüfung. "Ich rate allen Beteiligten zur Besonnenheit", sagte er. Die Schweiz und Deutschland seien "befreundete Nachbarstaaten", keine Gegner.

Das Bundeskanzleramt bemüht sich um Entspannung in den Beziehungen der Länder. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) sagte "Bild": "Wir haben ein Interesse an einer vernünftigen Lösung." Es gebe diplomatische Kontakte zwischen Berlin und Bern. "Die Gespräche laufen sehr vertrauensvoll", sagte Pofalla. Schweizer Politiker hatten die deutsche Kaufankündigung scharf kritisiert. Einer sprach sogar von einer "Kriegserklärung".

Strafanzeige gegen Kanzlerin

Wegen der Planungen der Steuersünder-Daten hat ein Rechtsanwalt unterdessen Strafanzeige gegen Bundeskanzlerin Merkel erstattet. Er sei der Ansicht, "dass Grenzen überschritten werden, die das Rechtsstaatsprinzip ins Wanken bringen", sagte Rechtsanwalt Frank Hannig am Mittwoch.

Der Vorwurf lautet einer Erklärung Hannigs zufolge auf öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Anstiftung zur Hehlerei sowie Anstiftung beziehungsweise Beihilfe zum Ausspähen von Daten. "Meiner Ansicht nach ist das nicht erlaubt", sagte er.

Er habe die Anzeige bei der Berliner Staatsanwaltschaft aus eigenem Antrieb heraus erstattet, sagte der Rechtsanwalt weiter. Hannig, der selbst CDU-Mitglied ist, behält sich ein Vorgehen auch gegen weitere Regierungsmitglieder vor.

Kaufpreis wird zum Teil aus Steuereinkommen gezahlt

Zudem wurde bekannt, dass sich Bund und Länder den Kaufpreis von 2,5 Millionen Euro für das umstrittene, offenkundig illegal beschaffte Material teilen wollen. Michael Offer, Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble(CDU), gab derweil erstmals Details über den geplanten Bankdaten-Deal preis. Bei der Liechtenstein-Affäre hätten sich Bund und Länder die Kosten "fifty-fifty" geteilt. "Dies wird voraussichtlich auch hier wieder angewendet werden." Unter den betroffenen Bundesländern würden die Kosten anhand des "Königsteiner Schlüssels" aufgeteilt, der sich zu zwei Dritteln aus dem Steueraufkommen und zu einem Drittel aus der Bevölkerungszahl zusammensetzt.

Schäuble rät deutschen Besitzern von Schweizer Geheimkonten zur Selbstanzeige. Er könne nur jedem empfehlen, dieses Angebot zu nutzen, sagte Schäuble am Mittwoch mit Blick auf den offenbar kurz bevorstehenden Kauf der Daten von 1500 Steuerhinterziehern.

Wer unrichtige oder unvollständige Angaben beim Finanzamt komplett korrigiert und die hinterzogenen Steuern fristgerecht nachzahlt, erhält in Deutschland Straffreiheit. Sobald dem Fiskus die Steuerhinterziehung allerdings bekannt ist, nützt die Selbstanzeige nichts mehr.

Das Angebot zum Ankauf der Steuersünder-CD war zunächst an die für spektakuläre Verfahren bekannte Steuerfahndung Wuppertal gegangen, die daraufhin NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) informierte. Dieser schaltete Schäuble ein.

Welche Bundesländer zahlen müssen, ist noch unklar

Welche Länder zuständig sind und damit den Daten-Kauf letztlich juristisch vollziehen, wollte das Bundesfinanzministerium am Mittwoch weiterhin nicht mitteilen. Nordrhein-Westfalen, das vor zwei Jahren bereits eine Schlüsselrolle innehatte, will noch eine juristische Prüfung abwarten. Das NRW-Finanzministerium gab am Mittwoch keinen Kommentar zum Stand der Prüfung ab.

Der Kauf könnte dem Fiskus nach Auswertung einer Stichprobe der angebotenen Daten 100 Millionen Euro an Steuernachzahlungen einbringen.

Schäuble zeigte sich derweil wenig zuversichtlich, dass die neuen Enthüllungen von Steuersündern zu einer nachhaltigen Verbesserung der Steuerehrlichkeit führen könnte: "Die Fantasie der Menschen, zu Geld zu kommen und dabei auch Steuern zu sparen, ist im Zweifel immer stärker als die Steuermoral."

Verfassungsgericht prüft Ankauf der CD

Das Bundesverfassungsgericht prüft unterdessen eine Verfassungsbeschwerde zum Kauf gestohlener Bankdaten durch den Fiskus. Zwar geht es dabei um die Liechtensteiner Steueraffäre aus dem Jahr 2008. Allerdings könnten die Karlsruher Richter den Fall zum Anlass nehmen, um ein Grundsatzurteil zur strafrechtlichen Verwertbarkeit solcher Daten zu sprechen, wie der Münchner Steuerstrafverteidiger Franz Bielefeld sagte.

Konkret richtet sich die schon im September 2009 eingereichte Verfassungsbeschwerde gegen einen Durchsuchungsbeschluss im Zuge der Liechtenstein-Affäre. Die Wohnung des Mannes, den Bielefeld vertritt, war im April 2008 durchsucht worden. Die Steuerfahnder waren auf den Mann aufmerksam geworden, nachdem der Bundesnachrichtendienst einen Datenträger aus Liechtenstein gekauft hatte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich am Montag für den Kauf der Daten ausgesprochen. Schäuble hält einen solchen Schritt für rechtlich vertretbar. Er verwies darauf, dass in den fast 200 Prozessen nach der Liechtenstein-Affäre kein einziges Gericht die damals gekauften Kontodaten als Beweismittel verworfen habe. Ähnliche Geschäfte gehörten in anderen Bereichen zum Alltag der Strafverfolgungsbehörden.

(DDP/AFP/top)
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