Empörung über „Judaslohn“-Äußerungen Politiker fordern Rücktritt des AfD-Politikers Brandner

Berlin · Einen Judaslohn nennt man eine Belohnung für einen Verrat. Der Vorsitzende des Rechtssausschusses, ein AfD-Politiker, benutzt den Begriff in Zusammenhang mit dem Rockmusiker Lindenberg. Kostet ihn das sein Amt?

 Stephan Brandner (AfD), Justiziar der AfD-Bundestagsfraktion und Vorsitzender des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages.

Stephan Brandner (AfD), Justiziar der AfD-Bundestagsfraktion und Vorsitzender des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Union, SPD, Grüne und FDP im Bundestag fordern einhellig den Rücktritt des AfD-Politikers Stephan Brandner vom Vorsitz des Bundestags-Rechtsausschusses. Grund ist, dass Brandner das Bundesverdienstkreuz an Udo Lindenberg einen „Judaslohn“ genannt hat. Der stellvertretende rechtspolitische Sprecher von CDU/CSU, Jan-Marco Luczak sprach am Samstag von einer neuerlichen, ungeheuerlichen Entgleisung Brandners. „Er spielt ganz bewusst mit antisemitischen Begriffen, er grenzt aus und schürt Ressentiments.“

Brandner hatte über Lindenberg auf Twitter geschrieben: „Klar, warum der gegen uns sabbert/ sabbern muß“, dann erwähnt er das Anfang Oktober verliehene Bundesverdienstkreuz. Darunter setzte Brandner das Wort „Judaslohn“.

Judaslohn nennt man eine Belohnung für einen Verrat. Die Redensart bezieht sich auf Judas, einen Jünger von Jesus, der nach allen vier Evangelien die Festnahme von Jesus in Jerusalem ermöglicht hat.

Der innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Volker Ullrich, sagte dem „Handelsblatt“, Brandners Äußerungen seien „unverschämt, spielen mit antisemitischen Ressentiments und sind seiner Position schlicht unwürdig“. Brandner sei seiner Vorsitzendenposition nicht gewachsen. „Er sollte daraus Konsequenzen ziehen.“ Luczak schrieb, der Rechtsausschuss wache über Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Werte des Grundgesetzes. „Um das Amt des Vorsitzenden auszufüllen, bedarf es Würde und Anstand. Diese fehlen Brandner ganz offenbar.“ Er sei in dieser Funktion untragbar und müsse zurücktreten.

Falls Brandner auf seinem Posten bleiben will, könnten sich rechtliche Probleme ergeben. Denn in der Geschäftsordnung des Bundestags findet sich keine ausdrückliche Regelung zur Abwahl von Ausschussvorsitzenden.

Zuvor hatte bereits der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, dem „Handelsblatt“ gesagt: „Wir wollen die Frage der Abwahl von Ausschussvorsitzenden im zuständigen Geschäftsordnungsausschuss thematisieren.“

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, hatte auf Twitter geschrieben: „Der Mann ist eines Rechtsausschussvorsitzenden unwürdig und in dieser Funktion untragbar.“

Ihr FDP-Amtskollege Marco Buschmann warf Brandner dort vor, immer wieder mit antisemitischen Vorurteilen zu spielen. „Das ist einfach nur widerlich und eines Ausschussvorsitzenden des Deutschen Bundestages nicht würdig.“

Der 73-jährige Rockmusiker Lindenberg hatte das Verdienstkreuz Anfang Oktober bekommen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, er habe in einzigartiger Weise gegen die deutsche Teilung angesungen. Zudem lobte er dessen großes soziales Engagement.

Am Donnerstag hatte sich Lindenberg auf Facebook schockiert über das starke Abschneiden der AfD bei der Landtagswahl in Thüringen geäußert. „24 Prozent. Und viele sagen immer noch: Das wird sich niemals wiederholen - aber seht ihr denn nicht an den Häuserwänden die selben alten neuen Parolen? und die gleiche kalte Kotze (wie vor 80 jahren) schwappt ihnen wieder aus dem Mund...“ Über den Spitzenkandidaten Björn Höcke schrieb Lindenberg: „Ein echter Fascho, auferstanden aus Ruinen und den Nazis zugewandt.“

(zim/dpa)
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