Bundespräsident bezieht Stellung Steinmeier kritisiert Sprachverrohung in Asyldebatte

Berlin · Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den erbittert geführten Asylstreit in der Union kritisiert und vor einer Verrohung der Sprache gewarnt. "Wir müssen zurück zur Vernunft.“

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Archivbild).

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Archivbild).

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

sagte er am Sonntag im Sommerinterview der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Angesprochen auf den von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verwendeten Begriff „Asyltourismus“ sagte Steinmeier, an Regierungsparteien gebe es die Anforderung, „auf Sprache zu achten“. Söder meint damit Menschen, die erst in einem anderen EU-Staat und dann auch noch in Deutschland einen Asylantrag stellen wollen.

Besonders in digitalen Medien drohe die „Grenze des Unsagbaren und des Unsäglichen“ zu verschwimmen. Er halte nichts von übertriebener politischer Korrektheit. Aber man müsse sich verantwortungsvoll streiten. „Das verlangt auch eine gewisse Disziplin bei der Sprache“, sagte Steinmeier. Er habe in der jüngsten Zeit besorgte Anrufe von anderen Staatschefs bekommen, zudem hätten ihm viele empörte Bürger geschrieben. Er hätte einige zurückgerufen und werde dann gefragt: „Wie sollen wir denn hier vor Ort mit Augenmaß, mit Vernunft um das richtige Argument streiten, wenn die große Politik ihren Vorbildcharakter nicht wahrnimmt“, sagte Steinmeier mit Blick auf den Konflikt von CDU und CSU über Zurückweisungen von Migranten an der Grenze.

„Keine Sprache pflegen, die spaltend wirken kann“

Steinmeier betonte im ZDF, auch Begriffe wie „Achse der Willigen“ (von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz für eine engere Kooperation zwischen Österreich, Italien und Deutschland ins Spiel gebracht), seien keine „geeignete Sprache“. Der Weg zu einer gemeinsamen Migrationspolitik in Europa sei schließlich mühsam genug. „Deswegen glaube ich sollten wir auch keine Sprache pflegen, die noch spalterisch wirken kann.“

Wenige Tage vor dem Nato-Gipfel in Brüssel rief Steinmeier die europäischen Mitgliedstaaten zur Übernahme von mehr Verantwortung auf. „Europa muss sich im Klaren darüber sein, dass sich nicht nur die Sicherheitslage in Europa verändert hat, sondern auch das transatlantische Verhältnis und damit die Rolle der USA innerhalb der Nato“, sagte Steinmeier. Er bezog das auf die Debatten um höhere Verteidigungsausgaben - gerade von Deutschland wird ein höherer Beitrag gefordert. Zudem gibt es Sorgen, dass die USA unter Präsident Donald Trump ihr Engagement in der Nato drosseln könnten. Zudem gibt es in Osteuropa Sorgen vor einer Bedrohung durch Russland.

„Aufgrund dieser Veränderungen, sollte Europa sich im Klaren darüber sein, dass sie viel mehr eigene Verantwortung für die europäische Außen- und Sicherheitspolitik übernehmen müssen“, sagte Steinmeier. „Das heißt aus meiner Sicht, in der Tat auch Stärkung der Verteidigungsfähigkeit.“ Die Nato-Staaten hatten 2014 vereinbart, dass sich ihre Verteidigungsausgaben bis 2024 einem Wert von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts annähern sollen, einige wie die USA liegen längst darüber. Deutschland liegt mit 38,95 Milliarden Euro bei 1,24 Prozent, kommendes Jahr soll der Etat auf 42,9 Milliarden steigen. Trump kritisiert das als viel zu wenig.

(felt/dpa)
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