Der neue Mann an Merkels Seite Steffen Seibert mit Premiere ohne Pokerface

Berlin (RPO). Von der Atompolitik über die Steuerreform bis zur deutschen Botschaft in Prag. Schon bei seiner Premiere wurde der neue Regierungssprecher gelöchert. Der 50-jährige ehemalige ZDF-Nachrichtenmoderator meisterte die Feuertaufe mit kleinen Stockfehlern und mit entwaffnender Ehrlichkeit: "Ich übe noch".

Steffen Seibert tritt Amt als Regierungssprecher an
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Dem neuen Gesicht der Bundesregierung war die Aufregung anzusehen. "Ich bin echt nervös", räumte Seibert gleich zu Beginn der Pressekonferenz freimütig ein. "Es ist wie Abi, Führerscheinprüfung und diverse andere Dinge zusammen." Später gestand er, vor dem Auftritt habe sein Herz "medizinisch besorgniserregend geklopft". Schließlich seien ihm die "Fallstricke" des politischen Berlin bereits ausführlich geschildert worden.

Kein Erbarmen zum Auftakt

Tatsächlich gab es auch zum Auftakt für Seibert kein Erbarmen. Die vertrackten Fragen der Hauptstadtpresse brachten ihn gelegentlich ins Schleudern, etwa als es um die Gewinne ging, die sich aus verlängerten AKW-Laufzeiten ergeben könnten. "Vielleicht kann da das Ressort ein wenig helfen", suchte Seibert Unterstützung und gestand: "Ich hab mir gedacht, so ein Moment kommt mal." Dann nahm er erstmal einen Schluck Wasser.

"Ich merke, dass ich als Fernsehmoderator durchaus mit dem Luxus leben konnte, mich in ganz vieles, aber nicht wahnsinnig tief einzuarbeiten, jetzt muss ich mich weiterhin in ganz vieles einarbeiten, aber gleichzeitig auch wahnsinnig tief", kommentierte Seibert, der selbst nie als Hauptstadtkorrespondent gearbeitet hat, die neue Herausforderung.

Zugleich gab er sich angesichts der großen Fußstapfen seines beliebten Vorgängers Ulrich Wilhelm, der als Intendant zum Bayerischen Rundfunk wechselt, bescheiden: "Ich hätte schon viel geschafft, wenn ich das Wilhelmsche Niveau erreichen würde."

Zugute kommen wird dem Fernsehmann seine angenehme, gelassene Stimmlage und seine Fähigkeit, komplexe Materien anschaulich zu erläutern. Er habe jetzt "ein neues Kapitel" aufgeschlagen und werde versuchen, die Politik der Regierung einer breiten Öffentlichkeit zu erklären, sagte Seibert: "Das reicht mir erst mal an Anspruch."

Bewunderung für die Chefin

Zugleich verriet der bekennende "Wechselwähler", dass er "große Sympathie, vielleicht auch Bewunderung" für seine Chefin empfinde, dass er "Arbeit, Auftreten und Wertesystem" von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für "überzeugend" halte. Seine Reaktion auf das ungewöhnliche Jobangebot beschrieb Seibert mit den Worten: "Große Überraschung, gar nicht so langes Überlegen, Gespräch mit meiner Frau, mit heißem Herzen zugesagt."

Die Kanzlerin stellte ihrem neuen Sprecher nach der "Feuertaufe" vor der Bundespressekonferenz ein ehrliches Zeugnis aus: "Sie sind jemand, dem man schnell ansieht, wenn er etwas noch nicht hundertprozentig überschaut". Genau diese aufrichtige Art Seiberts ermögliche aber "ehrliche Fragen und Antworten", betonte Merkel bei der Übergabe des Bundespresseamtes vor den rund 450 Mitarbeitern.

Zugleich sicherte die Kanzlerin dem 25. Regierungssprecher in der Geschichte der Bundesrepublik zu, er werde jederzeit "Zugang haben" dorthin, "wo wirkliche Entscheidungen fallen". Eigentlich neige sie ja dazu, nur die Ergebnisse der politischen Arbeit bekanntzugeben, räumte Merkel ein. "Wenn wir dazwischen eine gute Balance finden", dass auch "ein Teil des Prozesses" sichtbar werde, könne das aber doch eine gute Zusammenarbeit werden. Und dann versprach die Kanzlerin lächelnd: "Ich werde versuchen, mich so vernünftig zu verhalten, dass Sie möglichst wenig Ärger mit mir haben."

(ddp)
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