Reform der Staatsfinanzen Schäuble erwägt gemeinsame Bund-Länder-Anleihen

Berlin · Dieser Plan würde alles ändern: Bund und Länder sprechen in den Verhandlungen über eine Reform der deutschen Staatsfinanzen erneut über eine gemeinsame Aufnahme von Schulden am Kapitalmarkt.

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Foto: dpa/Gregor Fischer

Nach Reuters vorliegenden Unterlagen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe sind "Huckepack"-Verfahren im Gespräch: Dabei würden Kredite gebündelt und vom Bund und den teilnehmenden Ländern gemeinsam verbürgt. Die Länder hoffen, so von der Spitzenbonität des Bundes profitieren zu können. Ob das gelingt und die rechtlichen Hürden überwunden werden können, bezweifelt die Bundesregierung allerdings.

Aus dem Kreis der Bundesländer war in den vergangenen Jahren wiederholt die Forderung laut geworden, das Schuldenmanagement zu bündeln. Denn der Bund genießt mit seinem AAA-Rating am Kapitalmarkt höchstes Vertrauen und zahlt derzeit so niedrige Zinsen für seine Staatsanleihen wie nie. Die Länder müssen dagegen für ihre Verschuldung einen höheren Zins anbieten. Dass das Thema erneut auf dem Tisch liegt, berichtete auch das "Handelsblatt" mit Bezug auf ein Positionspapier von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Der Verstoß von Schäuble und Scholz sei aber umstritten und es gebe noch keinen Beschluss.

In einem Reuters vorliegenden 38-seitigen Zwischenbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform der Finanzverfassung meldet der Bund Zweifel an, ob die Bundeskonditionen bei einer gemeinsamen Kreditaufnahme überhaupt zu erreichen wären. Zudem wäre eine Verfassungsänderung erforderlich. Drittens besteht der Bund darauf, dass die Autonomie seiner Finanzagentur beim Marktauftritt oder bei der Finanzplanung gewahrt bleiben müsse.

Auch die Bundesländer sind der Unterlage zufolge uneins, ob der Vorstoß zielführend ist. So merkten Baden-Württemberg und Thüringen zwar an, die diskutierten Huckepack-Modelle seien akzeptabel, "wenn sie auf freiwilliger Basis durchgeführt werden". Bayern und das Saarland kritisierten dagegen, die Modelle verstießen gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Trennung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern. Außerdem wäre dies ein Signal für Euro-Bonds auf europäischer Ebene, welche die Bundesregierung ablehnt. Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums sagte, im Rahmen der laufenden Bund-Länder-Gespräche würden eine Vielzahl von Vorschlägen diskutiert. "Im Zusammenhang mit den Altschulden gibt es auch die Forderung der Länder nach gemeinsamen Anleihen von Bund und Ländern", sagte sie: "Wie auch bei allen anderen Themen ist noch offen, wie man damit umgehen wird."

Das "Handelsblatt" berichtete, Schäuble und Scholz wollten außerdem die Sozialaufgaben grundlegend neu sortieren. Ihr Positionspapier sehe vor, dass die Länder "eine beschränkte Gesetzgebungskompetenz" bei den Sozialleistungen erhalten sollten, die sie finanzieren. Dadurch könnte es zukünftig in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Sozialstandards geben. Schäuble sei bereit, ab 2020 das Wohngeld vollständig zu übernehmen, also die Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger.

Im Gegenzug sollten die Länder auf andere Mittel verzichten. Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen steht an, weil 2019 der Solidarpakt II für Ostdeutschland und der gegenwärtige Länderfinanzausgleich auslaufen. Bis Ende 2015 soll eine politische Einigung stehen. In diesem Herbst könnten im Kreis der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel erste Beschlüsse fallen.

(REU)
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