Ehemaliger Bundespräsident Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Wulff

Hannover · Gut ein Jahr nach seinem Rückritt hat die Staatsanwaltschaft Hannover Anklage gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff wegen des Verdachts der Bestechlichkeit erhoben. Das teilte die Behörde am Montag mit.

Die Affäre Christian Wulff
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Foto: dpa, wk cul jol

Sollte das Landgericht Hannover die Anklage zulassen, wäre es das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass sich ein früheres Staatsoberhaupt vor Gericht verantworten muss.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde zudem gegen den Filmmanager David Groenewold wegen Verdachts der Bestechung Anklage erhoben. Nach Überzeugung der Staatsanwälte übernahm Groenewold im Oktober 2008 in München Hotel- und Kinderbetreuungskosten des Ehepaares Wulff von 510 Euro. Außerdem soll er ein gemeinsames Abendessen mit 209,40 Euro bezahlt sowie weitere Kosten für einen Festzeltbesuch in größerer Runde beim Oktoberfest übernommen haben.

Die Staatsanwaltschaft hält es für "hinreichend wahrscheinlich", dass Groenewold damit erreichen wollte, dass sich der damalige niedersächsische Ministerpräsident Wulff bei der Siemens AG für eines seiner Filmprojekte einsetzen sollte. Nach Überzeugung der Anklage warb Wulff "in Kenntnis und mit Billigung der Kostenübernahme" durch den Filmmanager schriftlich beim Siemens-Vorstandschef Peter Löscher um Unterstützung für das Filmprojekt.

Der Tatbestand der Bestechlichkeit verlange nicht, dass die Diensthandlung rechtswidrig sei, erklärte die Staatsanwaltschaft. "Ausreichend ist bereits, dass die Entscheidungsfindung im Sinne des Vorteilsgebers beeinflusst wird", hieß es weiter. Dabei spiele "der Wert der Zuwendung keine maßgebliche Rolle. Das Landgericht Hannover muss nun entscheiden, ob es die Anklage zur Hauptverhandlung zulässt.

Wulff war Mitte Februar 2012 nur einen Tag nach der Aufnahme des Ermittlungsverfahrens zurückgetreten und hatte dabei seine Unschuld beteuert. Vor wenigen Tagen lehnte der frühere CDU-Politiker auch den Vorschlag der Staatsanwaltschaft ab, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage von 20.000 Euro einzustellen.

Seine Anwälte forderten am Dienstag eine Einstellung des Verfahrens ohne Wenn und Aber. Auch Groenewold wies ein entsprechendes Angebot der Staatsanwaltschaft über eine Geldauflage von 30.000 Euro zurück.

Ursprünglich war es in dem Ermittlungsverfahren auch noch um zahlreiche andere Vorwürfe gegen Wulff gegangen wie die Nutzung der Feriendomizile von wohlhabenden Bekannten und Freunden meist am Mittelmeer oder einen Hotelaufenthalt auf Sylt.

Teilweise arbeiteten vier Staatsanwälte und mehr als 20 Polizeibeamte an dem Verfahren. Die jetzt auf einen Punkt beschränkte Anklageschrift umfasst 79 Seiten, es werden 25 Zeugen und sieben Aktenordner mit ausgewerteten schriftlichen Unterlagen als Beweismittel aufgeführt.

(dpa/nbe/csi)
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