Geplante Gesetzesänderung Staat soll Kinder leichter aus Familien holen dürfen

Berlin · Die SPD-geführten Bundesländer wollen per Gesetz einen besseren Schutz vor Kindesmisshandlung einführen. Dafür soll sogar das Grundgesetz geändert werden.

Wie entdeckt man, ob ein Kind missbraucht wird?
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Foto: AP

Die SPD-geführten Bundesländer wollen per Gesetz einen besseren Schutz vor Kindesmisshandlung einführen. Dafür soll sogar das Grundgesetz geändert werden.

Den Hamburgern geht es vor allem darum, dass der Staat gefährdete Kinder dauerhaft in Obhut nehmen und ihnen ein neues zuhause in einer Pflegefamilie geben kann. "Wir müssen dafür sorgen, dass auch Pflegekinder mit einem hohen Maß an Sicherheit und Beständigkeit aufwachsen können", sagte Scheele. Nur so hätten sie die Chance, sich gut zu entwickeln. "Dafür müssen wir die rechtliche Stellung des Kindes und der Pflegeeltern stärken."

Bislang ist im Grundgesetz verankert, dass die Pflege und Erziehung der Kinder das "natürliche Recht der Eltern" sei. Dies soll auch so bleiben. Ein eigenes Kinderrecht soll dafür sorgen, dass der Staat sich gegen Mütter und Väter durchsetzen kann, die ihre Kinder misshandeln oder verwahrlosen lassen.

Anlass für die neue Initiative ist der Fall der dreijährigen Yagmur, die seit ihrer Geburt von den Behörden betreut wurde. Sie lebte lange bei einer Pflegefamilie und kehrte im August 2013 auf Wunsch der Mutter zurück in ihr ursprüngliches Zuhause. Im Dezember starb sie einen gewaltsamen Tod. Die Ärzte diagnostizierten inneres Verbluten durch Leberriss. Zudem war der Kinderkörper mit Blutergüssen übersät.

Zahl der Inobhutnahmen gestiegen

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) zeigte sich der Initiative gegenüber aufgeschlossen. "Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern ist ein wichtiges Anliegen. Deshalb finde ich jede Diskussion darüber gut und wichtig", sagte Schwesig unserer Redaktion. In der Union war dazu gestern keine Stellungnahme zu bekommen.

NRW-Familienministerin Ute Schäfer (SPD) begrüßte das Anliegen. Sie verwies darauf, dass Kinderrechte in NRW bereits seit 2002 Bestandteil der Landesverfassung seien. NRW spricht sich dafür aus, das Recht von Kindern auf Schutz, Fürsorge, angemessenen Lebensstandard und Meinungsfreiheit im Grundgesetz zu verankern.

Die Zahl der Inobhutnahmen ist laut amtlicher Statistik in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Mit 40.000 Jungen und Mädchen, die die Jugendämter bundesweit aus ihren Familien holten, wurde 2012 ein neuer Höchststand erreicht. Jedes vierte betroffene Kind hat keine deutsche Staatsangehörigkeit. Etwa gleich viele Jungen wie Mädchen werden aus den Familien geholt. Seit 2007 ist ihre Zahl um 43 Prozent gestiegen. Knapp 40 Prozent der Kinder, die kurzzeitig in Obhut genommen wurden, kehrten zu ihren Eltern zurück.

(qua)