SS-Prozess in Detmold Dokumente sollen Auschwitz-Einsatz belegen

Detmold · Die Ermittler wollen dem Angeklagten Reinhold Hanning nachgewiesen haben, dass er mehr als zwei Jahre lang in Auschwitz tätig war. Die Dokumente bezeugten seine Laufbahn vom Freiwilligen bei der Waffen-SS zum Unterscharführer im KZ. Darunter ist auch ein handschriftlicher Lebenslauf.

 Der frühere SS-Wachmann sitzt auf der Anklagebank.

Der frühere SS-Wachmann sitzt auf der Anklagebank.

Foto: dpa, a lof

Historische Archivunterlagen haben im Auschwitzprozesses vor dem Landgericht Detmold Auskunft über die Laufbahn des früheren SS-Wachmanns auf der Anklagebank gegeben. Der mit den Ermittlungen betraute Polizeibeamte des Landeskriminalamtes NRW, Stefan Willms, stellte am Freitag Dokumente vor, die die zweieinhalbjährige Tätigkeit Reinhold Hannings im Konzentrationslager belegen sollen. Die Staatsanwaltschaft legt dem 94-Jährigen zur Last, als SS-Wachmann in dem Vernichtungslager Beihilfe zum Mord in 170.000 Fällen verübt zu haben.

Der Ermittler präsentierte unter anderem einen handschriftlichen Lebenslauf Hannings, in dem er selbst seine Versetzung zum "Totenkopfsturmbann Auschwitz" der SS auf den 23. Januar 1942 datiert. Aus dem Schreiben geht darüberhinaus hervor, dass er sich schon sehr früh als Freiwilliger bei der SS meldete. Er verpflichtete sich erst für vier, später sogar für zwölf Jahre, wie weitere Archivunterlagen zeigen.

Bis zum 13. Juni 1944 blieb er demnach in Auschwitz, stieg zum Unterscharführer der SS auf. Er war nach einer Verwundung durch Granatsplitter von der Kriegsfront dorthin versetzt worden. Später kam er noch als Wachmann ins Konzentrationslager Sachsenhausen. Nach dem Krieg geriet Hanning in britische Kriegsgefangenschaft mit Aufenthalten in Belgien und dem englischen Liverpool. 1948 kam er nach Deutschland zurück.

Der LKA-Ermittler Willms wird seine Aussage am 6. April fortsetzen. Er hatte Hanning im Februar 2014 in dessen Haus in Lage (Kreis Lippe)
vernommen. Im Prozess schweigt der Angeklagte bislang.

Zunächst war am Freitag die Befragung des 92-jährigen früheren SS-Wachmanns Jakob Wendel fortgesetzt worden. Wie schon in der vergangenen Woche berichtete er vom Alltag der Wachleute im KZ. Erneut sagte er aus, dass die systematischen Tötungen niemandem verborgen geblieben seien. Als SS-Wachmann sei es jedoch nicht möglich gewesen, sich Befehlen zu widersetzen: "Wer verweigert hat, ist weggekommen. Wohin weiß niemand", sagte Wendel.

Begegnet ist er dem Angeklagten im KZ nicht. Anders als Hanning, dessen Standort das Stammlager Auschwitz war, war Wendel im fünf Kilometer entfernten Auschwitz-Birkenau eingesetzt. Der Zeuge war dafür bereits in Polen verurteilt worden und wird daher nicht mehr juristisch verfolgt.

(haka/dpa)
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