Steuererleichterungen statt Sonderabgabe Spitzenpolitiker gegen Zahlzwang für Kinderlose
Berlin · Der Vorschlag hat in Politik und Gesellschaft für viel Aufregung gesorgt: Die Junge Gruppe in der Unions-Bundestagsfraktion muss sich viel Kritik für ihre Forderung nach einer Sonderabgabe für Kinderlose anhören.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte am Mittwoch, der Staat solle sich nicht in das Privatleben von Kinderlosen einmischen. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) erklärte, Kinderlose müssten bereits höhere Steuern zahlen als Eltern. Dagegen hält der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering die Forderung nach einer Abgabe für Kinderlose für diskussionswürdig.
Die Junge Gruppe in der Unions-Bundestagsfraktion hatte vorgeschlagen, Menschen ohne Kinder ab 25 Jahre sollten eine Abgabe von einem Prozent ihres Einkommens zahlen. Paare mit einem Kind sollten ein halbes Prozent zahlen. Von der Abgabe verschont bleiben sollten Eltern mit zwei und mehr Kindern.
SPD knöpft sich wieder das Ehegattensplitting vor
Gabriel hielt den jungen Abgeordneten Ahnungslosigkeit vor. Erstens zahlten Kinderlose bereits höhere Steuern. Zweitens könnten gesetzlich Versicherte ihre Kinder kostenlos mitversichern. Entscheidend sei aber der Ausbau der Betreuungsangebote. Gabriel sprach sich in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" dafür aus, im Steuerrecht das Ehegattensplitting in ein Familiensplitting umzuwandeln, von dem alle Familien mit Kindern profitieren würden.
Lieberknecht sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", sie halte nichts von einer Sonderabgabe. Die Gründe, aus denen Menschen keine Kinder haben, seien sehr unterschiedlich. Eine zusätzliche Abgabe sei unnötig.
Müntefering, der dem Familienausschuss des Bundestages angehört, nannte die Debatte dagegen berechtigt. Immerhin seien 30 Prozent der nach 1970 Geborenen kinderlos. "Das Ehegattensplitting muss weg und verändert werden in Richtung einer Lösung, die Familien mit Kindern begünstigt. Außerdem muss die Vorschule kostenlos werden", sagte er der Zeitung. In der Pflegeversicherung gebe es schon heute eine Kinderlosenkomponente. Dort zahlten sie 0,25 Prozent mehr als Menschen mit Kindern. Es sei gleichwohl nicht völlig falsch, über eine Ausweitung derartiger Sonderabgaben nachzudenken.
FDP fordert Steuersenkungen für Familien
Die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Nicole Bracht-Bendt, forderte statt Zwangsmaßnahmen für Kinderlose Steuervergünstigungen für Familien mit Kindern. "Warum werden Windeln immer noch mit 19 Prozent versteuert und Blumen mit 7 Prozent?", fragte die FDP-Politikerin in der "Berliner Zeitung". Es gebe viele Möglichkeiten, Anreize für Familien zu schaffen. Eine Abgabe bestrafe hingegen zwei Millionen ungewollt kinderlose Paare. "Auf der anderen Seite wären Männer, die Kinder gezeugt haben, sich jedoch nicht um sie kümmern, fein raus", sagte sie.