Interview mit Dirk Niebel "Spenden sind auch Teil der Entwicklungshilfe"

(RP). Im Interview mit unserer Redaktion spricht Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel über die Welt-Aids-Konferenz, die Entwicklungshilfe und die Hilfen für Afghanistan.

Dirk Niebel - ein Fallschirmjäger als Entwicklungshelfer
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Zum Auftakt der Welt-Aids-Konferenz in dieser Woche werfen internationale Organisationen Ihnen vor, die Aidshilfe herunterfahren zu wollen. Wird Deutschland auch ab 2012 wieder 200 Millionen Euro für die Aidshilfe zur Verfügung stellen?

Niebel Wir werden in künftigen Jahren ganz schwierige Haushaltsverhandlungen haben. Darüber hinaus sieht der Koalitionsvertrag vor, dass das Verhältnis von multilateraler und bilateraler Hilfe zugunsten Letzterer verändert wird. Das heißt, das Hauptaugenmerk wird auf der bilateralen Aidshilfe liegen.

Ähnlich sorgenvoll blicken Experten auf die Entwicklungshilfe insgesamt: Der Anteil der Entwicklungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt, die so genannte ODA-Quote, soll eigentlich bis 2015 auf 0,7 Prozent steigen, doch tatsächlich dürfte sie sinken.

Niebel Ich bin froh, dass mein Etat für 2011 nicht abgesenkt wurde. Die Regierung bekennt sich im Koalitionsvertrag zum 0,7-Prozent-Ziel, es zu erreichen wird aber sportlich. Ich bin deshalb dafür, dass wir das, was der Staat an Einnahmen verliert, weil die Spenden der Bürger und Unternehmen steuerlich absetzbar sind, zur ODA-Quote dazurechnen. Allein für Haiti haben die Deutschen in den ersten Wochen 195 Millionen Euro gespendet. Wenn Sie einen durchschnittlichen Steuersatz von 35 Prozent zugrunde legen, kommen Sie auf eine zusätzliche Leistung von 60,7 Millionen, die nicht angerechnet sind.

Kritiker sagen, Sie wollten sich aus langfristigen Verpflichtungen herausschleichen. Wie reagieren Sie?

Niebel Es ist die Entwicklungsindustrie, die sich aufregt. Das sind die Alt-68er, die sich in dieser Industrie eingenistet haben und die immer noch meinen, eine Schüssel Hirse würde den Armen in der Welt nachhaltig helfen. Ich meine das nicht. Unsere Entwicklungspolitik ist nachhaltig.

Viele Hilfsorganisationen weigern sich, in Afghanistan mit der Bundeswehr zu kooperieren. Ärgert Sie das?

Niebel Nein, es ist ihr gutes Recht, das Konzept der Regierung für den Aufbau in Afghanistan nicht zu akzeptieren. Auf der anderen Seite ist es das gute Recht der Regierung, ihnen dann auch keine Gelder zu gewähren. In dem Moment, wo Steuergelder in Anspruch genommen werden, müssen sich die Organisationen an unsere Vorgaben halten.

Die Bundeswehr klagt über fehlende Ausrüstung in Afghanistan. Teilen Sie diese Einschätzung?

Niebel Bei meinen Besuchen bei den Soldaten in Afghanistan nehme ich regelmäßig Wünsche auf, welche Ausrüstungsgegenstände fehlen, welche Versorgungswege zu langwierig sind. Ich glaube, dass das wichtig ist. Die Lage kann nur besser werden als der Status quo.

(RP)
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