Verfassungsänderung gefordert SPD will bundesweite Volksentscheide

Berlin (RPO). Die SPD will eine Verfassungsänderung zur Einführung von bundesweiten Volksentscheiden auf den Weg bringen. "Alle vier Jahre ein Kreuzchen machen ist doch nicht der Gipfelpunkt der Volksherrschaft", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel in einem Interview.

Sigmar Gabriels langer Weg an die Spitze
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Volksentscheide seien manchmal der einzige Weg, "Politik aus ihrer Selbstblockade zu befreien". Er kündigte Gespräche mit den anderen Parteien an, um eine Verfassungsänderung zu ermöglichen: "Die SPD wird darüber mit den anderen Parteien sprechen. Wir alle sehen doch das Problem der sinkenden Wahlbeteiligung", sagte er gegenüber der "Bild am Sonntag". Für eine Verfassungsänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich.

Bei dem Volksentscheid zum Rauchverbot in Bayern hatten sich am vergangenen Sonntag 61 Prozent der bayerischen Wähler für ein Verbot in der Gastronomie ohne Ausnahmen ausgesprochen. Das Verbot tritt am 1. August in Kraft.

In Hamburg läuft bis zum 18. Juli ein Volksentscheid über die umstrittene Schulreform. Bei der Reform geht es unter anderem um die Verlängerung der Grundschulzeit von vier auf sechs Jahre. Dagegen hatte sich eine Bürgerinitiative formiert und einen Volksentscheid erzwungen.

Gabriel hatte in dem Interview mit Blick auf das Modell in Nordrhein-Westfalen zudem auf die Frage nach einer möglichen Minderheitsregierung im Bund geantwortet. Diese sei nicht erstrebenswert. Allerdings könnten Wahlergebnisse manchmal keine andere Möglichkeit zulassen. "Solche Minderheitsregierungen, die inhaltlich gut arbeiten, sind allemal besser als Regierungen, die zwar eine rechnerische Mehrheit haben, aber nichts miteinander anzufangen wissen", sagte Gabriel. Das beste Beispiel dafür sei die Bundesregierung.

Union, Grüne, FDP und Linkspartei aber lehnen allein die Gabriel angedachte Option einer rot-grünen Minderheitsregierung im Bund entschieden ab. Vor einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei im Bund müsse sich diese entscheiden, ob sie eine linke Reformpartei mit Regierungsanspruch oder eine reine Oppositionspartei sein wolle, sagte Gabriel. Außerdem müsse sie ihr Verhältnis zum DDR-Unrecht und zum Parlamentarismus erklären.

Die Grünen stellten klar, dass sie für eine solche Konstellation nicht zur Verfügung stehen. "Wir setzen auf Mehrheiten", sagte die Ko-Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Renate Künast, der "Süddeutschen Zeitung" (Montagausgabe). Für Themen der Grünen wie Bildung und Energie gebe es eine "gesellschaftliche Mehrheit", sagte Künast.

Union und FDP sehen sich durch die Äußerungen Gabriels in ihrer Kritik am rot-grünen Regierungsbündnis in Nordrhein-Westfalen bestätigt. "Gabriel offenbart seine Pläne: Es gehe darum, über wackelige Minderheitsregierungen die Zusammenarbeit mit der Linkspartei salonfähig zu machen "nicht nur in NRW, sondern offenkundig auch im Bund", sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe dem Blatt. Die rot-grüne Minderheitsregierung in Düsseldorf stehe für "mehr Schulden wegen der unfinanzierbaren Wohltaten und weniger politische Stabilität. Das soll nun offenbar auch die Basis einer Kanzlerschaft von Sigmar Gabriel sein", erklärte FDP-Generalsekretär Christian Lindner.

(AFP/ddp/pst/felt)
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