Verhandlungen über Fiskalpakt auf der Kippe SPD warnt Koalition vor Tricks

Berlin · SPD und Grüne wähnten sich bereits am Ziel: Für ihr "Ja" zum Fiskalpakt, würde die Koalition eine Finanztransaktionssteuer einführen. Doch nun stellt Finanzminister Wolfgang Schäuble klar: Eine solche Steuer wird es bis zur Wahl nicht geben. Die Opposition fühlt sich betrogen.

Die Kernpunkte des Fiskalpaktes
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Foto: dapd, Michael Probst

Der europäische Fiskalpakt steht somit auf der Kippe. Schäuble machte am Sonntag deutlich, dass es in dieser Legislaturperiode keine Börsensteuer mehr geben werde. Die Opposition drohte damit, in einem solchen Fall ihre Zustimmung im Bundestag zu verweigern. Beim Fiskalpakt ist Schwarz-Gelb wegen der notwendigen Zweidrittelmehrheit auf die Stimmen von SPD und Grünen angewiesen.

Beide Seiten hatten sich noch am Samstag verhalten optimistisch gezeigt, dass der Fiskalpakt spätestens am 6. Juli vom Bundesrat endgültig bestätigt und damit ein Signal an Europa gesendet werden kann. Dann berichtete am Sonntag das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" vorab, die Koalition setze offenbar auf Scheitern der Finanztransaktionssteuer und zitierte dazu Kanzleramtschef Ronald Pofalla aus kleiner Runde.

SPD und Grüne reagierten umgehend und warnten die schwarz-gelbe Koalition vor einem Scheitern der Fiskalpakt-Verhandlungen. SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, verlangte ein "unumkehrbares Bekenntnis zur Einführung der Finanztransaktionssteuer" und stellte klar: "Formelkompromisse wird es mit der SPD nicht geben." Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, fügte hinzu, Pofalla betreibe ein "gefährliches Spiel", wenn er die Opposition bei der Finanztransaktionssteuer austricksen wolle.

Neuer Zoff bei Finanztransaktionssteuer

Mit dem Fiskalpakt, an dem 25 EU-Länder teilnehmen, will sich Europa strengere Regeln zur Haushaltsdisziplin verordnen. In Deutschland müssen Bundestag und Bundesrat dem Vorhaben jeweils mit Zweidrittelmehrheit zustimmen. Türöffner sollte die Einführung einer Finanztransaktionssteuer sein. Unionsfraktionschef Volker Kauder nannte die Einigung zwischen Koalition und SPD einen "klassischen Kompromiss". "Damit müsste der Opposition die Zustimmung zum Fiskalpakt möglich sein", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Die FDP bekräftigte derweil ihre Vorbehalte. Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) warnte vor der Einführung einer Finanztransaktionssteuer. "Ich kann meiner Partei und der Bundesregierung nur raten, sich von SPD und Grünen nicht in einen schädlichen Kuhhandel bei der Umsetzung des dringend benötigten Fiskalpaktes hineintreiben zu lassen", sagte er am Sonntag in München.

Ton wird rauer

Scharfe Töne kamen unterdessen aus den Reihen der Union.
Bundesfinanzminister Schäuble wies Forderung einzelner SPD-regierter Bundesländer zurück, der Bund müsse die aus dem Pakt resultierenden Kosten, etwa bei Strafzahlungen, komplett übernehmen. Man könnte an anderer Stelle über die finanzielle Ausstattung reden, "aber das ist nicht die Gelegenheit dazu", sagte er. Die Bundesländer müssten darauf achten, "dass sie sich nicht dem Verdacht aussetzen, sie würden eine günstige Gelegenheit suchen".

Noch deutlicher wurde CSU-Finanzexperte Hans Michelbach. Er warf der SPD ein "falsches Spiel" bei den Fiskalpakt-Verhandlungen vor. "Immer, wenn eine Einigung in Reichweite ist, sattelt die SPD drauf. Wer so handelt, will nicht den Erfolg, sondern Blockade", sagte er am Samstag in Berlin. Auch Michelbach lehnte die von den SPD-geführten Länder gestellten Bedingungen für ihre Zustimmungen zum Fiskalpakt ab.

SPD will Tür nicht zuschlagen

Die SPD hält an ihrer Forderung nach Einführung einer Finanztransaktionssteuer fest. Ohne eine solche Zusage der Koalition werde es keine Zustimmung seiner Partei zum Fiskalpakt geben, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel unserer Redaktion. Es gebe schließlich durchaus die Chance, dass mindestens neun EU-Länder eine solche Steuer einführen. "Wir wissen, dass wir die Niederländer gewinnen können", sagte er. Außerdem könnten Frankreich, Österreich, Spanien, Belgien, Finnland, Portugal und Italien mitziehen.

Ein weiterer Streitpunkt mit der Koalition sind mögliche Strafzahlungen bei Nichteinhaltung des Fiskalpakts, die der Bund nach Ansicht der SPD-geführten Länder vollständig übernehmen muss, berichtet die in Potsdam erscheinende "Märkische Allgemeine Zeitung". Dies soll sich vor allem auf den Zeitraum bis 2020 beziehen, da der Fiskalpakt über die Vorschriften der deutschen Schuldenbremse hinausgehe.

(APD)
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