Neue Führung gesucht Jetzt stimmt die Basis über den SPD-Vorsitz ab

Berlin · An diesem Montag beginnt das Votum für den SPD-Parteivorsitz. Sechs Teams stehen zur Auswahl. Generalsekretär Lars Klingbeil hat seine Partei zu mehr Geschlossenheit aufgefordert.

Lars Klingbeil auf eine der Regionalkonferenzen.

Lars Klingbeil auf eine der Regionalkonferenzen.

Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Entschieden ist das Rennen um die Nachfolge von Andrea Nahles als SPD-Chefin noch nicht. Im Gegenteil. Nach 23 strapaziösen Regionalkonferenzen im gesamten Bundesgebiet ist völlig offen, welches der übrig gebliebenen sechs Bewerberteams die meisten Mitglieder von sich überzeugen konnte. Und trotzdem zeichnet sich ab, dass vier Duos besonders gute Aussichten auf die zwei begehrten Plätze einer Stichwahl haben, wenn am 26. Oktober das Ergebnis des Mitgliedervotums feststeht.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Klara Geywitz aus Brandenburg werden von fast allen Genossen – egal aus welchem Spektrum der Partei – die besten Chancen auf die Stichwahl zugesprochen. Zwar ist Scholz nicht sonderlich beliebt innerhalb der SPD. Bei Parteitagen kassierte er in den unterschiedlichen Ämtern oft nur schlechte Ergebnisse. Zudem halten viele Genossen den als „Scholzomat“ verspottete Ex-Generalsekretär, Arbeitsminister und frühere Bürgermeister Hamburgs für spröde, eitel und wenig kreativ. Allerdings, und das ist Scholz‘ größte Stärke, hat kein anderer Bewerber um den Vorsitz so viel Erfahrung mit Partei- und Regierungsämtern wie er.

Dicht hinter Scholz und Geywitz werden die Favoriten des Juso-Bundesvorstands, Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, gehandelt. Der Ex-Finanzminister Nordrhein-Westfalens und die Digitalpolitikerin aus Baden-Württemberg stehen für Inhalte, die dem linken SPD-Flügel gut gefallen. Mehr Verteilungsgerechtigkeit, harte Besteuerung Vermögender und – zumindest ist Esken da klar aufgestellt – ein klares Nein zur großen Koalition. „Nowabo“, wie der Mann mit den Steuer-CDs nur genannt wird, vermeidet es bisher, einen schnellen Austritt aus dem Bündnis zu fordern und verweist auf die Entscheidungshoheit der Delegierten beim Parteitag Anfang Dezember.

Weitere chancenreiche Anwärter für die Stichwahl sind Europa-Staatsminister Michael Roth und die frühere NRW-Familienministerin Christina Kampmann. Sie verkündeten als erstes Team ihre Kandidatur und riefen damit anfangs nur müdes Lächeln in Berlin hervor. Mittlerweile haben sie sich zu einem beliebten Duo hochgearbeitet. Sie trugen immer wieder Kapuzenpullis bei den Konferenzen, fallen mit Optimismus, Scherzen und guter Laune auf.

Auch Boris Pistorius und Petra Köpping haben durchaus Möglichkeiten, die Stichwahl zu erreichen. Für Niedersachsens Innenminister und Sachsens Integrationsministerin sprechen ihre geballte Fachkompetenz und die nicht nur symbolische Aufstellung für Ost und West. Zumal der niedersächsische Landesverband eine große Machtfülle innerhalb der SPD hat.

Übrig sind noch Gesine Schwan und Ralf Stegner sowie Karl Lauterbach und Nina Scheer. Sie legten oftmals furiose Auftritte bei den Konferenzen hin, bekamen viel Applaus und Zuspruch. Und gerade Lauterbach und Scheer können sich vieler Stimmen konsequenter Koalitionsgegner sicher sein. Jedoch wird ihnen kaum zugetraut, genug Autorität für das SPD-Spitzenamt mitzubringen.

Zum Start der Mitgliederbefragung hat Generalsekretär Lars Klingbeil seine Partei zu mehr Geschlossenheit aufgefordert. „Die SPD war jetzt in ganz Deutschland unterwegs, die Hallen waren mit fast 20.000 Mitgliedern voll“, sagte Klingbeil unserer Redaktion. Das zeige, wie kraftvoll die SPD sei. "Jetzt entscheiden die Mitglieder, wer mit seinen Ansichten am besten die Partei führen kann", sagte Klingbeil, der das Format der Regionalkonferenzen maßgeblich entwickelt hatte.

Es müsse klar sein, dass alle anderen Teams dann die Verantwortung hätten, den Weg des Gewinnerteams zu unterstützen. „Denn das ist auch auf der Tour deutlich geworden: Die Parteibasis wünscht sich mehr Miteinander in der SPD“, forderte Klingbeil.

(jd)
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