SPD-Sonderparteitag 362 Delegierte stimmen für Groko-Verhandlungen

Bonn · Bei ihrem Sonderparteitag in Bonn hat die SPD eine sehr knappe Entscheidung über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen getroffen. Das Ergebnis per Handzeichen war am Sonntag so knapp, dass die Stimmen ausgezählt werden mussten.

 Abstimmung während des Sonderparteitages der SPD in Bonn.

Abstimmung während des Sonderparteitages der SPD in Bonn.

Foto: dpa, ve axs

Letztendlich haben sich 362 Delegierte für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union ausgesprochen. 279 waren dagegen. Es gab eine Enthaltung. 642 Stimmen wurden abgegeben.

Vor gut einer Woche hatten sich CDU/CSU und Sozialdemokraten auf ein Sondierungspapier geeinigt, das die Grundlage für Verhandlungen über eine neue gemeinsame Regierung bilden soll. In der SPD gibt es große Vorbehalte gegen die Neuauflage des schwarz-roten Bündnisses. Vor allem die Nachwuchsorganisation Jusos hat dagegen massiv Front gemacht. Entsprechend kontrovers verlief die Debatte beim Parteitag, bei der Befürworter und Gegner einer "Groko" für ihre Positionen warben.

Abgestimmt wurde über einen in letzter Minute ergänzten Leitantrag, in dem in drei Bereichen "konkret wirksame Verbesserungen" gegenüber dem Ergebnis der Sondierungen mit der Union gefordert werden. So sollen befristete Arbeitsverhältnisse die Ausnahme sein. Außerdem soll "das Ende der Zwei-Klassen-Medizin" eingeleitet werden. Des weiteren wird eine "weitergehende Härtefallregelung" für den Familiennachzug von Flüchtlingen gefordert. Am Ende von Koalitionsverhandlungen müssen die Parteimitglieder zustimmen.

Die SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hat sich nach dem Ja des SPD-Sonderparteitages in Bonn zu Koalitionsverhandlungen mit der Union erleichtert gezeigt. Nahles sagte am Sonntag, es sei "ein sehr intensiver Parteitag" gewesen. Man müsse darüber sicherlich nochmals nachdenken.

Parteichef Martin Schulz hat sich nach dem knappen Abstimmungsergebnis "erleichtert" gezeigt. Das Ergebnis zeige, dass "hart gerungen" werden musste, sagte Schulz nach Ende des Parteitags dem Fernsehsender Phoenix. Er kündigte CDU und CSU nun harte Koalitionsgespräche an. "Sondierungen haben den Charakter, auszuloten, ob man überhaupt verhandeln kann", sagte Schulz. "Die Unionsparteien werden sich darauf einstellen müssen, dass die Koalitionsverhandlungen genau so hart werden wie die Sondierungen." Die SPD werde nun "in den nächsten Tagen" mit den Unionsparteien reden und einen Fahrplan für Koalitionsgespräche verabreden.

Vor der Abstimmung hatte Schulz von einem "Schlüsselmoment" in der Geschichte der SPD gesprochen. "Ich glaube, dass die Republik in diesem Moment auf uns schaut", sagte er. Er warb erneut für ein Ja zu Koalitionsverhandlungen. "Ja, man muss nicht um jeden Preis regieren, das ist richtig. Aber man darf auch nicht um jeden Preis nicht regieren wollen." Es sei der mutigere Weg. Man könne in einer großen Koalition Gutes für die Menschen in Deutschland und Europa erreichen.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat das Votum des SPD-Parteitags für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union begrüßt. Damit sei der Weg frei für Verhandlungen, sagte Merkel am Sonntag in Berlin. Das Sondierungspapier von Union und SPD sei dabei der Rahmen, in dem verhandelt werde. Eine Vielzahl von Fragen sei noch zu klären. Es gehe jetzt darum, möglichst bald damit zu starten.

CSU-Chef Horst Seehofer erwartet schwierige Gespräche mit der SPD - er drängt aber trotzdem zur Eile. "Die Knappheit der Entscheidung wird uns jetzt schwierige Wochen bescheren", sagte Seehofer am Sonntagabend vor einer CSU-Präsidiumssitzung in München. "Die SPD wird uns jetzt immer mit dem Argument konfrontieren, wir müssen doch noch über den Mitgliederentscheid, und wenn dies und jenes nicht gelöst ist, dann haben wir auch da Schwierigkeiten", sagte Seehofer voraus. Dennoch sei ein Abschluss der Verhandlungen bis zur ersten Februarwoche zu schaffen. "Ich füge sogar hinzu: Man muss es in dieser Zeit schaffen."

(felt)
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