Neuer Kurs der Parteispitze SPD rückt von Rente mit 67 ab - ein bisschen

Berlin (RPO). In der SPD zeichnet sich eine teilweise Abkehr von der Rente mit 67 ab. Parteichef Sigmar Gabriel sprach sich am Wochenende klar gegen ihre Einführung aus, wenn die Erwerbsquote der über 60-Jährigen so gering bleibt wie heute.

Rente mit 67 - die wichtigsten Fragen
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Dieser neue Kurs der Parteispitze ist offenbar ein Kompromiss zwischen den Befürwortern und Gegnern des Projekts. Die SPD würde damit grundsätzlich an der Notwendigkeit eines höheren Renteneintrittsalters festhalten, dieses aber an verbesserte Arbeitschancen für Ältere knüpfen.

Der SPD-Vorsitzende stellte klar, die Rente mit 67 könne nach dem heutigen Stand nicht eingeführt werden, "weil es de facto nichts anderes ist als eine Rentenkürzung". Gabriel verwies darauf, dass derzeit nur 23 Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen über das 60. Lebensjahr hinaus in Vollzeit berufstätig seien.

Eine Rücknahme der Rente mit 67 lehnte Gabriel aber ausdrücklich ab. Stattdessen forderte er arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die dafür sorgen, dass mehr Menschen länger arbeiten können. Zudem sollten "flexible Übergangsmöglichkeiten" geschaffen werden. Für Kranke oder eingeschränkt erwerbsfähige solle der Zugang zur Erwerbsminderungsrente erleichtert werden.

Einigung auf Parteitag

Auf ihrem Parteitag Ende September will sich die SPD nach langem Streit auf ein neues Rentenkonzept einigen. Die Rente mit 67, die der damalige SPD-Arbeitsminister Franz Müntefering in der Zeit der großen Koalition durchsetzte, hatte die SPD vor eine ähnliche Zerreißprobe gestellt wie zuvor die "Hartz"-Gesetzte. Gegner wie der SPD-Vize Klaus Wowereit hatten wiederholt eine völlige Abkehr von der Rente mit 67 gefordert.

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete am Wochenende in Übereinstimmung mit Gabriels Äußerungen, ein Kompromissvorschlag von Parteivize Olaf Scholz sehe vor, die Rente mit 67 erst dann greifen zu lassen, wenn ein bestimmter Prozentsatz älterer Arbeitnehmer überhaupt in Beschäftigung ist.

SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier, einer der eifrigsten Verfechter der Rente mit 67, schließt eine grundsätzliche Abkehr wegen der immer älter werdenden Bevölkerung weiter aus. In den 50er Jahren hätten die Menschen im Schnitt acht Jahren Rente bezogen, heute seien es 18 Jahre. "Deshalb wird es notwendig sein, dass wir insgesamt länger arbeiten." Auch führe kein Weg daran vorbei, über das 65. Lebensjahr hinaus zu arbeiten.

Zugleich nannte Steinmeier aber die Rentenfrage als Teil der Neupositionierung der SPD. "Und zu dieser Neuaufstellung gehört in der Tat auch, dass man Positionen der Vergangenheit überdenkt und kontrolliert, ob das, was man als Regierung angestoßen hat, sämtlich in die richtige Richtung gelaufen ist."

Der saarländische SPD-Landesvorsitzende Heiko Maas, mahnte ebenfalls eine Änderung der Gesetzeslage an. Die Rente mit 67 sei in ihrer jetzigen Form ein Fehler gewesen. "Hier waren die Menschen zu Recht sauer auf die SPD", sagte das SPD-Präsidiumsmitglied.

Auch der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel argumentierte, wegen der außerordentlich schlechten Beschäftigungsquote der über 60-Jährigen seien "die Bedingungen nicht erfüllt, die Rente mit 67 ab dem Jahr 2012 schrittweise einzuführen".

Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) plädierte für eine Modifizierung der Rente mit 67 durch "eine Ausdifferenzierung nach Berufsgruppen, die wir im ersten Schritt nicht hinbekommen haben".

(DDP/born)
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