Rot-gelbe "Spanien-Connection" SPD-Reformer buhlen um FDP

Berlin (RP). Der pragmatische SPD-Parteiflügel lädt sozialliberal gesinnte FDP-Abgeordnete zu regelmäßigen Gesprächen ein. Die rot-gelbe "Spanien-Connection" gilt als Antwort auf das Flirten der SPD-Linken mit der Linkspartei.

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Foto: ddp

Rot-Gelb ist die bestimmende Farbkombination auf dem traditionellen Sommerfest der "Netzwerker", dem reformorientierten Parteiflügel der SPD. Auf den Großbildleinwänden im Berliner Volkspark Friedrichshain kämpfen die normalerweise landestypisch in rot-gelb gekleideten Fußballer Spaniens im EM-Halbfinale gegen die Russen. Am Buffet gibt's Kartoffelsalat "mediterran" (gelbe Kartoffeln, rote Tomaten). Und unter den Gästen sind nicht nur "rote", sondern auch "gelbe" Politiker.

Zum ersten Mal haben die Sozialdemokraten vom pragmatischen Flügel zum Fest ihres Polit-Organs "Berliner Republik" auch führende FDP-Bundestagsabgeordnete eingeladen. Der Parteiflügel, angeführt von Fraktionsgeschäftsführer Christian Lange und der hessischen Bundestagsabgeordneten Nina Hauer, reagiert damit auf das jüngste Treffen einiger SPD-Linken mit Mitgliedern der Linkspartei. Alle angesprochenen FDP-Politiker, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Bahr, der Haushaltsausschuss-Vorsitzende Otto Fricke sowie die Abgeordneten Patrick Döring, Florian Tomcar und Frank Schäffler folgten der Einladung der Genossen.

"Wir wollen einen Gesprächsfaden mit Liberalen aufbauen, die sich in der Vergangenheit positiv über eine sozial-liberale Zusammenarbeit geäußert haben", begründet Kerstin Griese, SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorstandsmitglied der "Netzwerker", gegenüber unserer Zeitung. "In der Innen-, und Rechtspolitik, aber auch in der Familienpolitik gibt es eine Reihe von thematischen Überschneidungen", wirbt Griese für eine Annäherung an die Liberalen.

Das Treffen soll nur der Auftakt zu regelmäßigen Gesprächen nach der Sommerpause sein, betonen Mitglieder des "Netzwerks". Die persönlichen Beziehungen zwischen vielen jüngeren SPD- und FDP-Abgeordneten seien "ausgesprochen gut", sagt ein SPD-Bundestagsabgeordneter. Zu den Herausgebern der "Berliner Republik" gehören übrigens auch die beiden prominentesten Vertreter des Reformflügels, die SPD-Stellvertreter Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück. Parteiintern werben beide seit einigen Monaten verstärkt für einen intensiveren Austausch mit den Liberalen. Offenbar mit Erfolg: Neben Parteichef Kurt Beck hat unlängst sogar die SPD-Linke Andrea Nahles die Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen als bevorzugte Regierungskonstellation bezeichnet. Beck traf sich demonstrativ zu einem Gespräch mit FDP-Chef Guido Westerwelle.

Als vorgezogene Koalitionsgespräche wollen die umgarnten FDP-Politiker das abendliche Treffen mit den Sozialdemokraten aber nicht verstehen. "Es geht zunächst um gute Gespräche mit vernünftigen Sozialdemokraten", so Daniel Bahr im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Positionen der Netzwerker bezeichnete der FDP-Sozialexperte dennoch als "teilweise interessant". So könne er sich durchaus mit dem Modell eines "vorsorgenden Sozialststaats" anfreunden.

Das wachstumsfreundliche Sozialstaatsmodell, das die SPD-Reformer als Grundlage der Agenda-Politik von Ex-Kanzler Schröder betrachten, hatte der Reformflügel erfolgreich im neuen SPD-Grundsatzprogramm installiert. Über Vize-Kanzler Frank-Walter Steinmeier heißt es, dass er nur dann die Kanzlerkandidatur annehmen werde, wenn das SPD-Wahlprogramm für 2009 diese Linie fortschreibe.

Die neuen rot-gelben Kontakte stehen in einer Reihe von prominenten sozial-liberalen Politiker-Treffen. SPD-Chef Kurt Beck tauscht sich regelmäßig mit seinem früheren Koalitionspartner, FDP-Vize Rainer Brüderle aus. Frank-Walter Steinmeier gilt als Fan des ehemaligen liberalen Außenministers Hans-Dietrich Genscher. Und die Motorradtouren von SPD-Fraktionschef Peter Struck mit dem FDP-Finanzpolitiker Hermann-Otto Solms haben Tradition.

Nur die seit 2006 vom SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber und dem FDP-Umweltpolitiker Michael Kauch organisierten Kelber/Kauch-Runden in einem Berliner Restaurant liegen derzeit auf Eis. Die FDP-Seite war verärgert über das von der SPD öffentlich gemachte Privat-Treffen zwischen Beck und Westerwelle. Eine langfristige Absage sei das aber nicht, heißt es. "Wir sehen uns bald wieder."

(RP)
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