Spätabtreibung SPD-Politikerin stützt CSU

Berlin (RP). Nach einer Debatte von mehr als zehn Jahren ist beim Thema Spätabtreibung nun hektische Betriebsamkeit im Bundestag ausgebrochen. Als erster legte der CSU-Politiker Johannes Singhammer einen Gruppenantrag vor, der im Fall von Spätabtreibungen eine Beratungspflicht und eine dreitägige Bedenkzeit vorsieht. Weitere Gruppenanträge werden von SPD, Grünen und FDP erwogen.

Als Spätabtreibung gelten Schwangerschaftsabbrüche nach der 20. Woche. Im vergangenen Jahr gab es dem Statistischen Bundesamt zufolge 631 Fälle. Spätabtreibungen dürfen nur mit einer medizinischen Begründung vorgenommen werden. Die mögliche Behinderung des Kindes darf nicht der Grund sein. In diesen Fällen wird üblicherweise die psychische und gesundheitliche Beeinträchtigung der Mutter als medizinischer Grund angegeben.

Den Singhammer-Antrag haben bereits mehr als 180 Unionsabgeordnete unterzeichnet. Als prominente Unterstützerin von SPD-Seite trägt ihn die ehemalige Familieministerin Renate Schmidt mit. "92 Prozent aller Kinder mit Down-Syndrom werden abgetrieben", sagte die SPD-Politikerin. In dem "Schockzustand", in dem sich eine Schwangere nach der Diagnose eines behinderten Kindes befinde, müsse sie die Möglichkeit haben, durchzuatmen. Sie müsse Informationen bekommen und einen Anspruch auf psychosoziale Beratung haben.

Die Mehrheit der SPD-Fraktion ist gegen eine Beratungspflicht für die Schwangeren. Sie will ohne Gesetzesänderung die Beratungsangebote vor und nach pränatalen Untersuchungen verbessern. Eine weitere Gruppe um die SPD-Familienpolitikerin Kerstin Griese versucht, einen Kompromiss zu schmieden, der einige wichtige Punkte des CSU-Politikers Singhammer aufnimmt.

Einig sind sich die Politiker aller Fraktionen darin, dass das Recht der schwangeren Frauen auf Nichtwissen gestärkt und das Leben mit behinderten Kindern gesellschaftlich besser akzeptiert werden müsse. "Vielen Schwangeren ist es heute nicht mehr möglich, guter Hoffnung zu sein, weil sie in fragwürdige Untersuchungen getrieben werden", betonte Schmidt. Die Verfechter einer gesetzlichen Änderung sehen die Rolle der Ärzte kritisch: "Es gibt Ärzte, die direkt zum Abbruch raten, ohne dass sich die Schwangere damit auseinandersetzt, was Leben mit einem behinderten Kind bedeutet", betonte die CDU-Familienpolitikerin Ilse Falk.

Ähnlich sieht dies auch der Grünen-Abgeordnete Thilo Hoppe. Bei vielen Ärzten herrsche zu sehr die Stimmung vor, ein behindertes Kind mache man doch besser weg, sagte Hoppe: "Der Arzt müsste verpflichtet werden, eine psychosoziale Beratung in einer dafür qualifizierten Beratungsstelle zu vermitteln."

Ein Kompromiss, der mehr Verantwortung in die hoch problematische Praxis der Spätabtreibungen bringt, scheint mit Blick auf das Wahljahr 2009 schwierig.

(RP)
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