Parteiausschluss-Debatte SPD-Politiker verteidigen Sarrazin-Urteil

(RP). Die Entscheidung der SPD, den ehemaligen Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin wegen dessen umstrittener Äußerungen über Migranten nicht aus der Partei auszuschließen, stößt in den eigenen Reihen auf scharfe Kritik. "Die SPD hätte Sarrazin rauswerfen müssen", sagte Veith Lemmen, Chef der Jusos in NRW.

Thilo Sarrazin liebt klare Worte
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Foto: AP

Mit einer "Berliner Erklärung" machten gestern mehr als 100 Sozialdemokraten, darunter zahlreiche Kreisvorsitzende, ihrer Empörung Luft. Die Kritiker sprachen von einem "Zickzack-Kurs" der Partei, appellierten aber zugleich an unzufriedene Mitglieder, die SPD nicht zu verlassen.

Aus Protest und Enttäuschung erklärten jedoch der Gründer des Arbeitskreises jüdischer Sozialdemokraten, Sergey Lagodinsky, und der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland, Mehmet Tanriverdi, ihren Parteiaustritt.

Die Schiedskommission hatte am Gründonnerstag beschlossen, Sarrazin das Parteibuch zu lassen. Vorausgegangen war eine Erklärung des Ex-Bundesbankers. Darin hieß es, mit seinen Thesen im Bestseller "Deutschland schafft sich ab" habe er Migranten nicht diskriminieren wollen. Vertreter der Partei hatten daraufhin ihre Ausschlussanträge zurückgezogen.

Noch im November hatte die SPD-Spitze für den Ausschluss plädiert. Die Kehrtwende bringt jetzt Generalsekretärin Andrea Nahles unter Druck, die in der Kommission die Parteiführung vertreten hatte. Sarrazin habe "Missverständnisse klargestellt und sich von diskriminierenden Äußerungen distanziert", rechtfertigte sich Nahles.

Namhafte SPD-Politiker verteidigten den Beschluss. "Die SPD ist die Partei mit der größten Meinungsvielfalt. Wir müssen Meinungsverschiedenheiten aushalten", sagte der Chef der NRW-Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion, Axel Schäfer, unserer Redaktion.

"Ich kann die Entscheidung nachvollziehen. Es bringt nichts, weiter darüber zu streiten", sagte auch der Sprecher des liberalen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs. Der Fall sei völlig anders gelagert als der Wolfgang Clements, betonte Schäfer. Anders als der Ex-Bundeswirtschaftsminister habe Sarrazin die Bürger nicht öffentlich davor gewarnt, SPD zu wählen.

Auch gegen Clement war ein Ausschlussverfahren eingeleitet worden. Er beendete den monatelangen Streit mit dem Austritt.

(RP)
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