Tempolimit, Bahn-Privatisierung, Afghanistan-Einsatz SPD-Parteitag: Das geschah am Samstag

Hamburg (RPO). Der Hamburger SPD-Parteitag hat einen ereignisreichen Samstag hinter sich. Die Agenda hielt für die Delegierten fünf wichtige Themen bereit: Am umstrittensten davon sicherlich die Bahn-Privatisierung. Aber auch die Forderung nach einem Tempolimit, der Afghanistan-Einsatz, die Familien- und Steuerpolitik beinhalteten Zündstoff.

Eindrücke vom SPD-Parteitag
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Foto: AP

Überraschend stimmten die Delegierten am Samstag für ein Tempolimit von 130 auf den Autobahnen. Und nach viel Widerstand gegen die Bahn-Privatisierung musste Parteichef Kurt Beck die Notbremse ziehen: Wenn sich die Ausgabe von Volksaktien mit der Union nicht durchsetzen lasse, soll nun ein weiterer Parteitag entscheiden.

Mit großer Mehrheit stimmte der Parteitag für die Verlängerung des OEF-Anti-Terroreinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan. Die gut 500 Delegierten forderten die Bundesregierung allerdings zugleich auf, zu prüfen, ob der Einsatz "Operation Enduring Freedom" (OEF) unter das Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gestellt werden kann.

Nach seiner Niederlage im Streit über das Arbeitslosengeld wurde Arbeitsminister Franz Müntefering am Samstag von den Delegierten gefeiert. Vehement sagte er Dumpinglöhnen und auch horrenden Managergehältern den Kampf an. Dass jemand 1.000 Mal so gut sei wie ein anderer und deshalb 1.000 Mal so viel verdiene, "das gibt es nicht," sagte der Vizekanzler. "Das werden wir uns auch mal vorknöpfen müssen, in absehbarer Zeit." Auf seinen Vorschlag hin beschloss der Parteitag die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro.

Nach seiner umjubelten Rede trat Müntefering zusammen mit Parteichef Beck nach vorne, und beide reichten sich demonstrativ die Hand. Ohne Aussprache hatte der Parteitag tags zuvor fast einstimmig den Antrag Becks für die von Müntefering abgelehnte längere Arbeitslosengeldzahlung an Ältere verabschiedet.

Mit der Forderung nach einem allgemeinen Tempolimit von 130 Stundenkilometern verschärfte der SPD-Parteitag mit knapper Mehrheit einen von Umweltminister Sigmar Gabriel eingebrachten Leitantrag zum Klimaschutz. Linke und Grüne begrüßten den Beschluss, die in der großen Koalition mitregierende CDU/CSU wies den Vorstoß schroff zurück.

Konfliktpotenzial für die Bundesregierung birgt auch der schließlich verabschiedete Antrag zur Teilprivatisierung der Bahn. Nach einer hitzigen Debatte beschloss der Parteitag, dass zunächst 25 Prozent des Konzerns als "Volksaktien" ohne Stimmrecht verkauft werden sollen. Den Einstieg von Großinvestoren will die SPD dagegen verhindern.

Diesen Kompromissvorschlag hatte SPD-Chef Beck in letzter Minute vorgelegt und ihn zugleich als Vertrauenbeweis für die neu gewählte Führung deklariert. Zuvor hatte nach zunehmender Kritik am Kompromissvorschlag der Parteiführung eine weitergehende Absage an die Privatisierungspläne gedroht, die Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee bereits im Kabinett eingebracht hatte.

Überraschend forderte der Parteitag auch den Wegfall der steuerlichen Besserstellung von Dienstwagen mit hohem Spritverbrauch. Zum andern fand mit 225 zu 223 Stimmen auch die Forderung, fossile Kraftwerke nur noch mit Kraft-Wärme-Kopplung zu genehmigen, eine denkbar knappe Mehrheit.

In der Familienpolitik sprach sich die SPD gegen das von der Union geforderte Betreuungsgeld aus. Gegen die Empfehlung der Antragskommission verabschiedet wurde zudem die Forderung, das Kindergeld weiterhin im Höchstfall bis zum 27. und nicht wie von der Koalition geplant nur noch dem 25. Lebensjahr zu zahlen.

CSU warnt vor Koalitionsbruch

CDU-Chefin Merkel warnte die SPD vor einer Rückbesinnung auf den Sozialismus, die neue CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer sogar vor einem Bruch der Koalition. FDP-Chef Guido Westerwelle warf den Sozialdemokraten einen Linksschwenk vor. Linksfraktionschef Gregor Gysi schloss eine Koalition mit der SPD nicht mehr aus.

(ap)
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