Nach Lafontaines Rückzug SPD-Linke träumt von Rot-Rot

Berlin (RPO). Der krankheitsbedingte Rückzug von Linke-Chef Oskar Lafontaine aus der Bundespolitik könnte Bewegung in die politische Landschaft bringen. Der linke Flügel der SPD sieht steigende Chancen für eine Koalition beider Parteien im Bund. Die Linke verfüge über viele zuverlässige Politiker. CSU-Chef Horst Seehofer stichelt hingegen, nach dem Abgang Lafontaines sei die Linke im Westen praktisch erledigt.

 Niels Annen (SPD) sieht gute Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit der Linken auch auf Bundesebene.

Niels Annen (SPD) sieht gute Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit der Linken auch auf Bundesebene.

Foto: ddp

Die SPD-Linke glaubt an steigende Chancen für Rot-Rot im Bund. Schon jetzt seien viele Linke-Politiker "verlässliche Partner für Sozialdemokraten in den Ländern und wichtige Ansprechpartner im Bund", sagte der Vize-Sprecher der SPD-Linken, Niels Annen. Eine rot-rote Mehrheit auf Bundesebene sei möglich.

Annen wertete den Rückzug Lafontaines als tiefen Einschnitt für die Linke. "In Zukunft wird es der Partei schwerer fallen, die tiefen Gegensätze zwischen den Reformen und den Dogmatikern zu überspielen", sagte er und fügte mit Blick auf die Debatte um den Bundesgeschäftsführer der Linken, Dietmar Bartsch, hinzu: "Der skandalöse Umgang mit Dietmar Bartsch hat gezeigt, wie tief die Gräben innerhalb der Linken sind."

CSU-Chef Seehofer sagte der Linkspartei indes ein Scheitern im Westen voraus. "Mit seinem Abgang wird die Linkspartei wieder das, was sie vor Lafontaine war: SED-Nachfolger und reine Ostpartei", sagte der bayerische Ministerpräsident. Er lobte und kritisierte die Arbeit des Parteichefs zugleich: "Lafontaine war eine große politische Begabung, die sich aber verrannt hat in einem Rachefeldzug gegen seine alte Partei SPD. Ich glaube, der SPD fällt gerade ein ganzer Steinbruch vom Herzen."

Linke-Fraktionschef Gregor Gysi will offenbar schnell einen Nachfolger Lafontaines suchen. Nach Informationen der Zeitung "Bild am Sonntag" will er sich an diesem Montag mit den Landeschefs treffen, um eine Lösung für den ab Mai vakanten Posten des Parteivorsitzes zu finden.

Lafontaine hatte am Samstag nach einer Sitzung des Parteivorstands in Berlin angekündigt, er werde sein Bundestagsmandat aus gesundheitlichen Gründen niederlegen und auf dem Parteitag der Linken im Mai in Rostock nicht wieder für das Amt des Parteichefs kandidieren.

Den Fraktionsvorsitz im saarländischen Landtag will er behalten. Lafontaines Ko-Vorsitzender Lothar Bisky tritt in Rostock ebenfalls nicht wieder für das Spitzenamt an. Als mögliche Kandidaten für die Parteispitze werden Parteivize und Mitbegründer der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), Klaus Ernst, und Linksfraktions-Vizechefin Gesine Lötzsch gehandelt.

Nach der Entscheidung Lafontaines kann nach Einschätzung des Parteienforschers Jürgen Falter nur Fraktionschef Gysi die Partei zusammenhalten. "Aus dem Westen gibt es niemanden, der Lafontaine als Parteichef ersetzen kann. Gysi muss die Partei zusammenhalten. Er ist der Einzige, der das kann, weil er im Osten wie im Westen als Vorsitzender respektiert werden würde."

Der Linkspartei prophezeite Falter, dass sie "ohne Lafontaine im Westen verlieren" wird. Wie stark, sei noch nicht klar. Die SPD könne hingegen "aufatmen": "Lafontaine ist die Person, die ihr am meisten geschadet hat." Mit Lafontaines Rückzug steige zugleich die Wahrscheinlichkeit rot-roter Bündnisse. "Lafontaine war strikter Befürworter des Oppositionskurses. Sein Abgang stärkt den Realo-Flügel, der mit der SPD regieren will."

Der Politologe Peter Lösche analysiert: "Die persönlichen Verletzungen zwischen Lafontaine und der SPD-Spitze sind nie vernarbt. Sein Rückzug macht Kooperationen für die SPD leichter." Für Union und FDP erschwert der Abgang Lafontaines die Lage, sagte Lösche: "Ohne Lafontaine kann sich das linke Lager aus SPD, Grünen und Linkspartei festigen. Dann wird es für Schwarz-Gelb schwerer, Wahlen zu gewinnen."

(DDP/csi)
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