„Wir sollten diese Erwartung erfüllen“ SPD-Chef Klingbeil sieht Deutschland als „Führungsmacht“

Berlin · Seit Jahren wird über die Rolle Deutschlands in der Welt diskutiert. Dabei galt bisher: Ja zu mehr Verantwortung, eher nein zu einer globalen Führungsrolle. SPD-Chef Klingbeil sieht das nun anders und dürfte damit vor allem in der eigenen Partei eine Debatte auslösen.

 Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil.

Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil.

Foto: dpa/Fabian Sommer

Deutschland muss nach Ansicht von SPD-Chef Lars Klingbeil in der internationalen Politik den Anspruch einer „Führungsmacht“ verfolgen. In einer Grundsatzrede auf einer Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung begründete er das am Dienstag mit den deutlich wachsenden Erwartungen an Deutschland weltweit. „Nach knapp 80 Jahren der Zurückhaltung hat Deutschland heute eine neue Rolle im internationalen Koordinatensystem.“ Das Land habe sich in den letzten Jahrzehnten ein hohes Maß an Vertrauen erarbeitet, mit dem aber auch eine Erwartungshaltung einhergehe.

„Deutschland steht immer mehr im Mittelpunkt, wir sollten diese Erwartung, die es an uns gibt, erfüllen“, sagte Klingbeil. „Deutschland muss den Anspruch einer Führungsmacht haben.“

Deutschland hat sich bisher eher als Mittelmacht und nicht als Führungsmacht in der internationalen Politik verstanden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat mit seiner Zeitenwende-Rede nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs allerdings eine Kehrtwende in der deutschen Außen- Sicherheitspolitik eingeschlagen und vor allem eine massive Aufrüstung der Bundeswehr eingeleitet. Er hat in den vergangenen Wochen mehrfach darauf verwiesen, dass Deutschland damit die mit Abstand stärksten Streitkräfte in Europa bekommen werde. Von einer Führungsmacht wie Klingbeil hat Scholz bisher aber nicht gesprochen.

„Wir brauchen eine völlig andere sicherpolitische Debatte in Deutschland“, sagte Klingbeil in seiner Rede. Er sprach sich für einen anderen Umgang mit militärischer Gewalt aus. „Das Verschließen der Augen vor der Realität führt zum Krieg. Das sehen wir gerade in der Ukraine. Friedenspolitik bedeutet deshalb für mich, auch militärische Gewalt als ein legitimes Mittel der Politik zu sehen.“

Eine Abkehr von sozialdemokratischer Friedenspolitik sieht er darin nicht und verweist auf die ersten beiden SPD-Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt. Schon sie hätten gewusst, „dass die Grundlage für eine kraftvolle Friedenspolitik auch militärische Stärke und Fähigkeit sind. Damals lag der Wehretat bei mehr als drei Prozent unserer Wirtschaftskraft.“ Heute liegen die Verteidigungsausgaben deutlich unter zwei Prozent, sollen nun aber über zwei Prozent angehoben werden.

Klingbeil forderte auch einen anderen gesellschaftlichen Umgang mit den eigenen Soldaten, der von Respekt und Anerkennung geprägt sein sollte. „Ich wünsche mir, dass wir eine neue Normalität entwickeln gegenüber der Bundeswehr als Gesellschaft.“

(mba/dpa)
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