Nach jüngsten Steuerschätzungen SPD-Länder geben Steuerreform keine Chance

Berlin · Bund, Länder und Gemeinden nehmen im laufenden Jahr rund 600 Milliarden Euro ein. Doch ab 2013 kommt der Geldsegen zum Erliegen. Bundesfinanzminister Schäuble wirbt nach der Steuerschätzung für die geplanten Steuererleichterungen, doch SPD-Länder sperren sich.

Nach jüngsten Steuerschätzungen: SPD-Länder geben Steuerreform keine Chance
Foto: dapd, Michael Gottschalk

Die SPD-geführten Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz geben den von Union und FDP für 2013 geplanten Steuererleichterungen nach der jüngsten Steuerschätzung keine Chance mehr.

"Solange zur Finanzierung des Haushaltes noch Kredite notwendig sind, reißt jeder Verzicht auf Einnahmen ein neues Loch an anderer Stelle", sagte Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans unserer Redaktion. "Was eine Steuersenkung mehr im Portemonnaie lässt, wird den Bürgern anschließend wieder herausstibitzt", so der Minister.

"Für Steuersenkungen besteht kein Spielraum", sagte der Finanzminister von Rheinland-Pfalz, Carsten Kühl. "Wir sollten unseren Blick nun besser auf eine gerechtere Verteilung der Steuerlast legen und unser Steuerrecht vereinfachen. Da hat der Bürger mehr davon als von wahltaktisch begründeten Steuergeschenken", so der SPD-Politiker. Union und FDP haben im Bundesrat für ihre Steuerpläne absehbar keine Mehrheit.

5,8 Milliarden Euro mehr

Nach Rekord-Steuereinnahmen von erstmals über 600 Milliarden Euro im laufenden Jahr können Bund, Länder und Gemeinden vom kommenden Jahr an nicht mehr mit einem zusätzlichen Milliarden-Plus gegenüber den bisherigen Planungen rechnen. Anders als in den vergangenen drei Jahren falle die Steuer-Prognose für die Jahre 2013 bis 2016 nicht mehr positiver aus, hieß es am Mittwoch nach der Steuerschätzung in Frankfurt am Main. Für die SPD-geführten Länder sind die Ergebnisse ein weiteres Argument, die für 2013 geplanten Steuererleichterungen im laufenden Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat abzulehnen.

Dank der bis zur Jahresmitte noch sehr guten Konjunktur kann der Staat im laufenden Jahr 5,8 Milliarden Euro mehr erwarten als im Mai prognostiziert, so die Steuerschätzer. Der Bund könne 3,9, die Länder 2,6 Milliarden und die Gemeinden 800 Millionen Euro mehr einstreichen. Dabei profitiert der Bund auch davon, dass er 1,4 Milliarden Euro weniger an die EU abführen muss als ursprünglich geplant. Insgesamt dürfte der Fiskus mit 602,4 Milliarden Euro 2012 erstmals die 600-Milliarden-Marke überspringen, so die Prognose.

Da das Wirtschaftswachstum derzeit deutlich nachlässt und erst ab Mitte 2013 wieder leicht anziehen dürfte, seien im kommenden Jahr keine positiven Überraschungen mehr zu erwarten. Die Prognose für 2013 liegt mit 618 Milliarden Euro sogar um 200 Millionen Euro leicht unter der Mai-Prognose. Für die Jahre 2014 bis 2016 bestätigten die Steuerexperten ihre bisherigen Schätzungen. 2017 sollen die Steuereinnahmen dann erstmals über 700 Milliarden Euro liegen — sie klettern demnach in den kommenden fünf Jahren um 100 Milliarden Euro.

Defizitabbau soll offenbar beschleunigt werden

Der Arbeitskreis Steuerschätzungen, dem Experten von Bund, Ländern und Kommunen sowie der Wirtschaftsforschungsinstitute, der Bundesbank und des Statistischen Bundesamtes angehören, kommt jeweils im Herbst und im Frühjahr zusammen. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die Haushaltsplanungen von Bund und Ländern. Auch für den Bundeshaushalt 2013 ist das Ergebnis noch maßgeblich.

Obwohl ab 2013 keine konjunkturbedingten Zusatzeinnahmen mehr zu erwarten sind, will die Koalition den Defizitabbau offenbar beschleunigen. Die Koalitionsspitzen wollen bei ihrem Treffen am Sonntag vereinbaren, das um Konjunktureffekte bereinigte, strukturelle Defizit bis 2014 zu beseitigen, hieß es in Koalitionskreisen. Für 2014 werde eine "schwarze Null" im Haushalt angestrebt. Darauf dringt vor allem die FDP. Bislang plant Schäuble mit einer Neuverschuldung von 18,8 Milliarden Euro 2013 und von 13,1 Milliarden Euro 2014.

(mar)
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