Finanzierung von Entlastungspaketen Kühnert bringt Übergewinnsteuer wieder ins Spiel
Berlin · Eigentlich war das Thema wegen des Vetos der FDP schon vom Tisch. Doch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert entfacht die Debatte über eine Übergewinnsteuer neu.
„Eine Übergewinnsteuer wäre fair und würde dem Geist des Koalitionsvertrages entsprechen: keine Mehrbelastung für die Leistungsträger in der Mitte der Gesellschaft“, sagte er dem „Spiegel“ laut Vorabbericht vom Freitag. Auch Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt sagte dem Magazin, diejenigen, „die Übergewinne anhäufen, werden etwas abgeben müssen“.
Die Idee einer Steuer auf zusätzliche Gewinne von Firmen, die von den Folgen des Ukraine-Kriegs profitieren, kursiert schon länger und hat auch in der Ampel-Koalition Befürworter. Die FDP lehnt sie allerdings ab, ebenso wie Steuererhöhungen.
Dagegen forderte die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal im „Spiegel“ einen „Krisensoli von Topverdienern“. Zudem plädierte sie für eine Vermögensabgabe und eine Erhöhung der Erbschaftsteuer. Die Ablehnung durch die FDP nannte Rosenthal „verantwortungslos“. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) müsse „sich der Realität stellen und aufhören, in einem Wunderland für das reichste Prozent der Gesellschaft zu leben“.
„Wir müssen über die Besteuerung sehr hoher Einkommen sprechen, weil die Entlastungsmaßnahmen des Staates finanziert werden müssen“, sagte auch die Vorsitzende der Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion, Wiebke Esdar, dem Magazin. Göring-Eckardt plädierte ebenfalls für eine stärkere Belastung reicher Menschen.
Im Koalitionsvertrag der „Ampel“ wird Steuererhöhungen eine Absage erteilt. Kühnert will das allerdings nicht gelten lassen. Er habe die FDP im Wahlkampf so verstanden, dass sie die arbeitende Mitte entlasten wolle, sagt er. „Jetzt sind wir jedoch in der ungerechten Situation, dass wir stinknormale Erwerbseinkommen mit Zusatzbeiträgen in der Krankenversicherung belasten, weil die FDP den Krisenprofiteuren partout keine Übergewinnsteuer zumuten will.“ Er frage sich, „ob das wirklich das letzte Wort der Liberalen sein kann“.
Angesichts der hohen Inflation forderten Vertreter von Sozialdemokraten und Grünen zudem eine Anhebung der Hartz-IV-Sätze. Der Vorschlag von Sozialverbänden für eine Erhöhung von bislang 449 auf 600 Euro, sei eine „gute Grundlage“, sagte Rosenthal. Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte dem „Spiegel“, bei der Grundsicherung müsse etwas passieren und am besten sei eine Regelsatzerhöhung. „Wir können uns nicht damit zufriedengeben, dass in unserem reichen Land die Grundsicherung nicht zum Leben reicht.“