Linken-Chef Ramelow könnte Regierungschef werden SPD für Rot-Rot-Grün in Thüringen

Berlin · Es wäre ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik: Die SPD-Spitze in Thüringen will eine rot-rot-grüne Koalition eingehen und damit dem bundesweit ersten Ministerpräsidenten der Linkspartei in den Sattel verhelfen.

 Bodo Ramelow könnte der nächste Ministerpräsident Thüringens werden.

Bodo Ramelow könnte der nächste Ministerpräsident Thüringens werden.

Foto: dpa, Michael Reichel

Rund fünf Wochen nach der Landtagswahl in Thüringen hat sich der SPD-Landesvorstand für Koalitionsverhandlungen mit Linken und Grünen ausgesprochen. Der Vorstand beschloss am Montagabend in Erfurt eine entsprechende Empfehlung, die aber noch durch eine Mitgliederbefragung bestätigt werden muss. Ein Ergebnis soll Anfang November vorliegen.

Die Thüringer SPD-Spitze entschied sich damit gegen ebenfalls mögliche Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Sowohl eine schwarz-rote Koalition als auch Rot-Rot-Grün hätten im Thüringer Landtag nur eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme. Sollte es tatsächlich zu einem rot-rot-grünen Bündnis kommen, könnte mit Bodo Ramelow erstmals ein Politiker der Linken Ministerpräsident eines Bundeslandes werden.

In den vergangenen Wochen hatten die Parteien in mehreren Sondierungsgesprächen die Möglichkeiten für beide Bündnisse ausgelotet. Die Spitze der Thüringer Linken gab bereits vergangene Woche grünes Licht für Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen. Die Grünen wollen am Donnerstag über die Aufnahme von gemeinsamen Koalitionsgesprächen entscheiden.

Ramelow zeigte sich überzeugt, dass ein rot-rot-grünes Bündnis trotz der knappen Mehrheit von nur einer Stimme im Landtag stabil regieren könne. Ihn mache die Qualität der Sondierungen zuversichtlich, dass eine solche Koalition halten werde, sagte er Reuters. "Da ist viel Vertrauen entstanden."

Der Geschäftsführende SPD-Vorstand hatte am Nachmittag in einer Sitzung mit der Sondierungsgruppe um den designierten Parteivorsitzenden Andreas Bausewein über die Koalitionsbildung beraten. Seit der Wahl Mitte September hatte die SPD in mehreren Gesprächsrunden sowohl die Chancen für ein rot-rot-grünes Bündnis als auch für eine Neuauflage von Schwarz-Rot ausgelotet. Nach fünf Jahren gemeinsamer Regierung erteilt sie nun einer Koalition mit der CDU unter Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht eine Absage. Die Sozialdemokraten waren bei der Landtagswahl im September auf gut zwölf Prozent abgestürzt. Die SPD wurde weit hinter CDU und Linkspartei nur drittstärkste Kraft. Ihr kam dennoch die Rolle der Königsmacherin zu.

Grünen-Spitzenkandidatin Anja Siegesmund zeigte sich sicher, dass die knappe Mehrheit von nur einem Mandat kein Hindernis bei der Ministerpräsidenten-Wahl wäre. Den Grund sieht sie in der Landesverfassung. "Im dritten Wahlgang ist der Kandidat gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereinen kann", sagte Siegesmund zu Reuters. Sie gehe aber nicht davon aus, dass es bei den Grünen Abweichler gebe. "Sechs intensive Sondierungsgespräche haben mich überzeugt, dass Rot-Rot-Grün funktionieren kann", sagte Siegesmund.

CSU kritisiert SPD

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat am Montagabend zur Empfehlung des Thüringer SPD-Vorstands, eine rot-rot-grüne Koalition unter Führung der Linken anzustreben, deutliche Worte gefunden:

"Ich hätte erwartet, dass aufrechte Demokraten einer Koalition mit den SED-Unrechts-Verherrlichern eine klare Absage erteilen. (...) Sigmar Gabriel muss dem rot-rot-grünen Spuk ein Ende bereiten und die Notbremse ziehen."

(REU/AFP)
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