Hessischer Parteivize SPD-Abweichler Walter tritt zurück

Wiesbaden (RPO). Nach dem spektakulär gescheiterten Machtwechsel stehen die Zeichen in Hessen auf Neuwahlen. Wie CDU und FDP sprachen sich auch die Grünen für eine vorgezogene Landtagswahl als Ausweg aus der politischen Krise aus. Als möglicher Termin gilt der 18. Januar. Derweil gab es nach dem Fiasko der SPD erste personelle Konsequenzen: Der stellvertretende Landesvorsitzende Jürgen Walter trat am Dienstagabend zurück.

Das ist der Ypsilanti-Kritiker Jürgen Walter
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Er folge damit einer Forderung des SPD-Landesvorstands, erklärte der 40-Jährige. Er hatte Landeschefin Andrea Ypsilanti gemeinsam mit drei weiteren Abgeordneten seine Unterstützung verweigert und ihre Wahl zur Ministerpräsidenten einer rot-grünen Minderheitsregierung platzen lassen.

Auch die Abgeordnete Carmen Everts, eine weitere Abweichlerin, legte ihre Parteiämter im Unterbezirk Groß-Gerau nieder. Der stellvertretende Vorsitzende des SPD-Unterbezirks, Thomas Will, begrüßte im HR-Fernsehen den Schritt und forderte Everts auf, auch ihr Landtagsmandat niederzulegen.

Nach Angaben des SPD-Bezirks Hessen-Süd gibt es bislang sechs Anträge von Ortsvereinen auf einen Parteiausschluss der insgesamt vier Abweichler. In Hessen-Nord lagen noch keine Anträge vor. Beide Bezirke berichteten von zahlreichen Anrufen und E-Mails, in denen Parteimitglieder ihrer Enttäuschung und Empörung Luft machten.

Grüne gegen Jamaika-Koalition

Der Landesvorstand der Grünen forderte eine rasche Auflösung des Landtags und damit Neuwahlen. Das Gremium berief für den kommenden Samstag den Parteirat ein, der über einen entsprechenden Antrag abstimmen soll. Mit dem Beschluss scheint es keine ernsthafte Chance mehr für die Bildung einer Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen zu geben. "Das können Sie einfach vergessen", sagte Parteichef Reinhard Bütikofer der Berliner "Tageszeitung".

Ein vom hessischen FDP-Vorsitzenden Jörg-Uwe Hahn vorgeschlagenes Sechs-Augen-Gespräch mit Koch und Grünen-Fraktionschef Tarek Al-Wazir lehnten die Grünen ab. Hahn nannte Neuwahlen "die sauberste Lösung".

Eine Auflösung des Landtags könnten die Abgeordneten frühestens in der nächsten Plenarsitzung am 18., 19. und 20. November beschließen. Die Neuwahl müsste nach der Landesverfassung dann binnen 60 Tagen, also im Januar, stattfinden. CDU und FDP hoffen, nach einer solchen Neuwahl doch noch eine eigene Mehrheit im Landtag zu finden.

Roth und Scheer für Ypsilanti

Die hessischen Sozialdemokraten werden voraussichtlich erneut unter Führung von Ypsilanti in die Wahlauseinandersetzung ziehen. Die SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Roth und Hermann Scheer sprachen sich in der "Rheinischen Post" übereinstimmend für die 51-Jährige als Spitzenkandidatin aus. "Es gibt keinen Grund, warum wir sie auswechseln sollten", sagte Roth. Roth und Scheer hatten im vergangenen Wahlkampf dem Schattenkabinett Ypsilantis angehört.

Die CDU dagegen wird erneut mit Ministerpräsident Roland Koch als Spitzenmann antreten, wie Innenminister Volker Bouffier erklärte: "Wir haben sicher bessere Chancen als vorher", sagte der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende im Bayerischen Rundfunk.

(afp)
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