Neue Freiburger Studie Deutsche arbeiten im Schnitt einen Monat lang nur für die Sozialausgaben

Berlin · Die Deutschen müssen laut einer neuen Studie im Schnitt einen Monat lang allein für die Erwirtschaftung der Sozialleistungen arbeiten, die andere erhalten. Da die Ausgaben weiter steigen und die jüngere Generation überproportional belasten, fordert der Mittelstand „Reformen in der Sozialversicherung“.

Auf Entgeltabrechnungen liegen Euromünzen und Euroscheine.

Auf Entgeltabrechnungen liegen Euromünzen und Euroscheine.

Foto: dpa/Arno Burgi

Ein durchschnittlicher Bürger in Deutschland arbeitet im Schnitt einen gesamten Monat, um die Sozialleistungen anderer zu erwirtschaften. Das geht aus einer Untersuchung der Universität Freiburg im Auftrag des Bundesverbandes Der Mittelstand. BVMW hervor. Demnach dauert es bis zum 2. Februar des Jahres, bis die Erwerbstätigen die Kosten der Sozialleistungen decken konnten. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 6,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder 255,2 Milliarden Euro, wie Studienleiter Bernd Raffelhüschen erklärte. Es brauche dringend schnelle Strukturreformen in allen Zweigen der Sozialversicherung, wenn die junge Generation nicht überfordert werden solle, sagte der Freiburger Ökonom.

 Der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen

Der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen

Foto: dpa

Raffelhüschen prognostizierte, dass bis 2050 etwa 26,7 Prozent aller Staatseinnahmen zur Deckung der Sozialleistungen erforderlich sein werden, sofern der Leistungsumfang unverändert bleibt. Das bedeutet im Vergleich zu 2021 eine Steigerung um 2,6 Prozentpunkte. Schon jetzt seien alle, die nach dem 27. Mai 1980 geboren wurden, sogenannte „Sozialstaatsverlierer“, da sie während ihres Lebens mehr bezahlen und weniger zurückerhalten würden als ältere Mitbürger.

Da das Durchschnittsalter der Wahlberechtigten zunehmen werde, würden Reformen zulasten der älteren Generation immer schwerer durchzusetzen sein, warnte Raffelhüschen. Derzeit liege das Alter der Wähler im Schnitt bereits bei 54 Jahren. In 20 Jahren seien die Wahlberechtigten im Schnitt 57,4 Jahre alt. Wer bereits im Rentenalter oder kurz vor dem Renteneintritt sei, werde Einschnitte bei der Rente oder der Kranken- und Pflegeversicherung eher nicht unterstützen.

Der Mittelstandsverband forderte die Politik auf, „noch in diesem Jahr Maßnahmen zu ergreifen, um die steigenden Sozialausgaben ohne Beitragszahlungen zu bewältigen und damit einen Schritt zur fairen Verteilung der Lasten für alle Generationen sicherzustellen“, teilte der Mittelstands-Verband mit. Die Beitragsschwelle für die Lohnnebenkosten müsse auf 40 Prozent gedeckelt werden. Derzeit ist diese Marke bereits überschritten. Raffelhüschen forderte zudem einen Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst.

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